CSU, das ist natürlich 100 % Bayern. Bayern ist aber nicht 100 % CSU! Diese erfreuliche Ungleichung beseitigt unsere letzte Zweifel hinsichtlich eines verlängerten Ausflugs nach Oberbayern. Also los!
Auf dem Weg nach Berchtesgaden machen wir zunächst Halt am Chiemsee. Wir haben nicht unbedingt Glück mit dem Wetter, deuten aber die regnerische Stimmung mystisch um und machen eine merkwürdige Erfahrung: Bei der märchenhaften Kulisse versteht man die Skurrilitäten von Ludwig II. viel besser!
Apropos Verständis für historische Figuren. Wenig später stehen wir auf dem Obersalzberg und begreifen mit einem Mal, wie schnell sich hoch droben im Gebirg' auch ein Hanswurst für einen Weltpolitiker halten kann. Bei dem Panorama wirken selbst absurdeste militärische Fehlentscheidungen plötzlich ganz vernünftig! Natürlich hat auch unsere sehr typische Bergpension Führerblick. Direkt nebenan können wir sogar bayerische Landfrauen bei der Arbeit beobachten, siehe Bild links oben. Am Königssee machen wir natürlich das obligatorische Klischeefoto am Malerblick und begeben uns dann auf eine Salzzeitreise ins Berchtesgadener Bergwerk. Es ist ja gar nicht selbstverständlich, daß eine steinreiche Stadt mit Salz soviel Kohle macht.
Und dann geht es auch schon wieder gen Westen - wir machen einen Abstecher zu Doris & Markus ins Starnberger Land. Seen und gesehen werden, wäre das nicht ein passender Slogan für diese bemerkenswerte Gegend? Doch wir halten uns nicht mit regionalen Werbestrategien auf, sondern befassen uns gleich mit dem Wesentlichen: einem herrlichen malzigen Doppelbock im Biergarten der Klosterbrauerei Andechs. Plötzlich stehen zwei bayerische Halbstarke am Tisch und betteln unter Alkoholeinfluß um Brot. Sind Lebensmittel unter Seehofer so knapp geworden? Doch wir kommen ja aus Baden-Württemberg und teilen christlich unsere Brezn.
Entsprechend geht es tags drauf in der Wieskirche zu. Ich lausche ergriffen einem Prediger, der ganz ernsthaft vom "christlichen deutschen Strafrecht" spricht und gegen die barbarische US-Justiz wettert. In einem Nebenraum dann die Entdeckung des Tages: eine schriftlich verfaßte Fürbitte in ländlich-elegantem Stil, daß doch mit der Schuldnerberatung alles gutgehen möge! Himmel, mit welchen Trivialitäten muß man sich als Schöpfer heutzutage eigentlich noch befassen?
Unsere Reise führt uns weiter ins mittel-alterliche Füssen, wo wir ganz begeistert vom Hohen Schloß sind. Wegen des sehr mystischen Wetters wirkt es wie die Burg eines fiesen Oberschurken. Und tatsächlich: Heute sitzt dort das Finanzamt, na also! Abends im La Perla schneide ich deutlich besser ab als Anke, meine Dorade ist wirklich fantastisch. Am nächsten Morgen versuchen wir natürlich wie die 200 Millionen Besucher vor uns, Neuschwanstein ganz einzigartig zu fotografieren - mit ungewissem Erfolg. Überhaupt, das Allgäu und die Fotografie! Die ganze Gegend besteht ja praktisch ausschließlich aus Bildmotiven, weswegen oft unterschlagen wird, daß praktisch überall auch bayerisches Aroma in der Luft liegt (Jägersauce).
Ach ja, Neuschwanstein ... König Ludwig II. verstand Schloßbau ja als kostspielige Therapie, um wenigstens einige seiner Neurosen in den Griff zu bekommen. Heute würde man ihm wohl eine Playstation spendieren, er müßte sich letztlich nicht in den Starnberger See schmeißen, und alle hätten ihre Ruhe. Allerdings müßte man dann auf die vorbildlich effizienten Fließbandführungen durch das Schloß verzichten. Wir werden der Kohorte 163 zugeordnet und sind ganz erstaunt, als wir am Ende feststellen, daß unser Führungsroboter ein Mensch aus Fleisch und Blut ist!
Unsere Reise endet ganz zivil mit drei erholsamen Tagen am Alpsee bei Immenstadt.