Dienstag, 26. Juni 2007

Sapere aude

Ab dem 1. Juli 2007 wird alles besser: Die EU-Health-Claims-Verordnung tritt in Kraft. Lebensmittel-Hersteller dürfen nur noch mit solchen Aussagen für ihre Produkte werben, die auch wissenschaftlich belegt sind. "Mars macht mobil" wird sich als Slogan wohl nicht mehr halten lassen, weil der dumme Verbraucher natürlich denken könnte, daß ein Biß in den Schokoriegel sofort zur Generalmobilmachung führt. Und ist Milka wirklich die zarteste Versuchung, seit es Schokolade gibt? Gut, daß uns die Politik vor solchen gefährlichen Irrungen künftig schützt!

Vielleicht kann man die Verordnung sogar noch auf weitere Lebensbereiche anwenden. Man könnte etwa von Parteien verlangen, nur noch ehrliche Wahlwerbung zu machen. Und was ist mit weltanschaulichen Gruppierungen? Heute fand ich einen Werbezettel des Evangelischen Missionsdienstes im Briefkasten. Gleich auf der ersten Seite eine unverhohlene Drohung: "Ohne Jesus kommst Du an den Ort von Feuer und Qual". Würde sich ein Unternehmen solche Nötigungen erlauben, erhielte es sofort eine Abmahnung wegen Verstoßes gegen UWG § 4 Satz 1 & 2. Aber eine Sekte kann sich dank Narrenfreiheit natürlich erlauben, was sie will.

Ein Vierteljahrtausend nach der Aufklärung hätte man sich mehr von Europa gewünscht. Hat schon mal jemand nachgesehen, ob sich Kant und Voltaire bereits in ihrem Grab umgedreht haben?

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