Mittwoch, 29. November 2006

Ein solches Ding

Endlich liegen mal wieder ein paar Runden Ein solches Ding an. Das Spiel funktioniert ganz einfach: Die Spieler legen reihum Karten mit Eigenschaftsbeschreibungen ab, zum Beispiel:

  • "könnte ich bei einer Audienz dem Staatspräsidenten als kleines, persönliches Präsent überreichen"
  • "ist meist eine Einzelanfertigung (oder Einzelgeburt)"
  • "geht kaputt, wenn man drauf sitzt"
  • "hat Beine"

Irgendwann zweifelt ein Spieler an, daß es ein solches Ding wirklich gibt. Der vorherige Spieler muß ihn dann vom Gegenteil überzeugen und ein Ding nennen, auf das alle ausgelegten Eigenschaften zutreffen.

In diesen harten Zeiten wird natürlich alles irgendwann politisch. So landen wir schnell bei unserer Bundeskanzlerin, weil diese "ihr irdisches Dasein nicht in der Kehrichtabfuhr beschließt". Außerdem seien "bei einem solchen Ding die Begriffe 'vorne' und 'hinten' nicht so wesentlich". Gar nicht mal falsch beobachtet! Am Ende überrascht uns Bettina mit einer erstaunlich bescheidenen Weltdeutung. Ihrer Meinung nach zählen nämlich Wäscheleinen zu den "Segnungen unserer Zivilisation". Ein fast schon philosophischer Spieleabend.

Dienstag, 28. November 2006

Wi wellkomm ju on bord se ICE 3128

Immer, wenn sich ein Zug einem Bahnhof nähert, gibt es eine ca. 90sekündige Durchsage, in der sich der Zugchef von den Fahrgästen verabschiedet und auf Anschlußzüge hinweist. Immer, wenn ein Zug einen Bahnhof verläßt, gibt es eine ebenfalls ca. 90sekündige Durchsage, in der die Bahn die neuen Fahrgäste begrüßt und auf den gastronomischen Service (u.a. "delikate Mahlzeiten") zwischen Wagen 8 und Wagen 9 hinweist.

Das ist ja grundsätzlich nett gemeint, aber alle, die häufiger als einmal pro Jahr oder länger als drei Stationen fahren, sind natürlich furchtbar genervt von diesen überflüssigen Informationen. Seit der Fußballweltmeisterschaft gibt es den ganzen Spaß sogar doppelt: erst auf gutem Deutsch, dann auf schlechtem Englisch.

Wenigstens bleibt man so während der ganzen Zugfahrt wach. Niemand kann also behaupten, daß die Deutsche Bahn einschläfernd sei.

Montag, 27. November 2006

Spiritualität per Post

Im Briefkasten finde ich ein kostenloses Probleexemplar der Zeitschrift Visionen - Das Magazin für ganzheitliches Leben. Das Heft befaßt sich zum Beispiel mit der Tradition atlantischer Kristallheiler, der Einheit von Gott, Mensch und Welt und der Frage, ob es ein Leben nach dem Tod gebe. Schön und gut, aber was habe ich damit zu tun? Erst nach einem Dutzend Seiten wird mir klar, worum es wirklich geht: Das Magazin ist offenbar das Werbeblatt einer Gruppe von Verlagen und Heilmittelanbieter, die ihre Bücher und Produkte an den Mann bringen wollen. Nicht sehr überraschend, denn der Organisierten Spiritualität geht es letztlich ja immer ums Geldverdienen.

"Aus moralischer Sicht höchst fragwürdig!", finde ich sofort. Man verkauft den Menschen völlig überflüssige Produkte und benutzt dazu Argumente, die bestenfalls aufgebauscht, schlimmstenfalls aber vollkommen absurd sind. Gut, daß ich in der Werbung arbeite und mit Schönfärberei natürlich noch nie zu tun hatte.

Sonntag, 26. November 2006

Es go-ht alles den Bach runter

Burnie besiegt mich zum ersten Mal auf dem großen Brett. Ich beschließe, die Niederlage unsportlich zu nehmen und das Spiel der Spiele nie wieder anzurühren. Jedenfalls nicht bis zum nächsten Match.

Herbstausflug an die Reuss

Viele halten Franz Liszt ja für einen Trivialmusiker, und überwiegend wohl auch zu recht. Einige hörenswerte Werke hat er uns aber immerhin hinterlassen, nämlich die Klaviertranskriptionen zu Beethovens Symphonien. Leider werden die Stücke extrem selten aufgeführt. Am 25. November sollte die Neunte aber endlich mal wieder in ihrer Klavierfassung gespielt werden, und zwar im Zuge einer Matinee im KKL in Luzern. Grund genug also, für einen Tag in die Schweiz zu fahren.

Leider war schon seit längerem bekannt, daß Luzern an diesem Tag ohne seine Hauptattraktion auskommen mußte: Myrta war rechtzeitig ins Wallis geflüchtet. Nun ist aber bekanntlich Luzern selbst ohne dieses Mädchen ein wunderschönes Städtchen - also nichts wie hin!

Bereits kurz hinter Grenze der erste Kontakt mit eidgenössischen Gepflogenheiten: Die Schweizer Bundesbahn läßt ICEs in Basel absichtlich ein Viertelstündle warten, um mögliche Verspätungen der deutschen Kollegen auszugleichen. Aus Diskretion spricht man natürlich nicht darüber, aber man kennt ja seine Pappenheimer! Wie immer fährt der Zug über Olten, und wie immer kommt mir der einzigartige Werbespruch dieser Stadt in den Sinn: "Fast so lebendig wie Luzern, aber grüner!". Bedauerlicherweise stimmt in diesem Satz nur ein einziges Wort, nämlich "fast".

Nach der Ankunft in Luzern dann eine angenehme Überraschung: Beethovenwetter! Ich spaziere noch eine Viertelstunde am See entlang und begebe mich dann ins KKL. Die Unterschiede zu Baden-Baden: Das KKL ist kleiner, die Sitze sind bequemer, die Architektur ist außen dramatischer und innen frischer. Außerdem scheint die Personalstruktur insgesamt schweizerischer zu sein - alle fünf Meter schützt ein Sicherheitsmann das Publikum vor allerlei Unbill. Apropos Publikum: Auch hier gehört man zu einer Minderheit, wenn man jünger als 60 Jahre ist.

Im Konzertsaal komme ich mit dem Ehepaar auf den Nachbarplätzen ins Gespräch. Er ist als Sänger früher selbst im KKL-Vorgänger aufgetreten, sie flüchtete 1968 aus Prag in die Schweiz. So kommen wir natürlich auf die Unerträgliche Leichtigkeit des Seins zu sprechen. Die Dame hält aber weder dieses noch irgendeines der anderen Bücher von Kundera für lesenswert. Später stellt sich heraus, daß sie eine alte Freundin von ihm ist.

Dann beginnt das Konzert. Der Pianist spielt zunächst einige gefällige Tschaikowsky-Bagatellen und wagt sich nach der Pause an den Gipfel abendländischen Musikschaffens. Das Allegro halten wir alle für unspielbar, aber der gute Mann kämpft sich trotz einiger verschwommener Passagen mit Liszt und Tücke durch den mächtigen Strom. Das anschließende Molto vivace erweist sich ganz überraschend als eines der besten Werke, die niemals für Klavier geschrieben worden sind. Respekt auch für die Leistung im Adagio, das natürlich etwas unter der fehlenden Streichergrundierung leidet. Nach dem furiosen Presto dann Raunen im Publikum: Er spielt auch den Schlußchor! Am Ende ist das Publikum begeistert und feiert den Pianisten ganz unschweizerisch mit Bravos, Standing ovations und insgesamt fünf Aufgängen. Konstantin Scherbakow - ein Name, den man sich - auch in Berlin! - wird merken müssen.

Nach dem Konzert habe ich noch etwas Zeit, bis mein Zug fährt. Also setze ich eine junge Tradition fort und gönne mir Chügeli-Paschtetli (SFr 29,80) in der gemütlichen Taube. Der Ober (übrigens ein Dresdner) empfiehlt mir dazu einen Luzerner Blauburgunder (SFr 7,00), der sich allerdings schon bei früheren Anlässen als etwas dünn erwiesen hat. Aus Solidarität nehme ich sein Angebot an. Immerhin geht es ja nicht um ein Viertele, sondern lediglich um 0,1 l.

Am frühen Abend trete ich den wohlgeordneten Rückzug an. Spätestens zu Ostern geht es hoffentlich wieder nach Luzern.

Los geht's

Der alte Witz von Nils Landgren: "Was ist langweiliger als ein Posaunist? Zwei Posaunisten!" gilt natürlich auch für Blogs. Mit dem Unterschied, daß auf jeden Posaunisten ein paar Millionen Blogger kommen. Eins ist also sicher: Die Langeweile wird uns nicht ausgehen.

Ab jetzt werde auch ich zur allgemeinen Langeweile beitragen. Themenschwerpunkt wird dies und das sein. Achtung: Mitunter werden sich Realität und Wirklichkeit vermischen, aber das passiert im echten Leben ja auch gelegentlich.

Ich wünsche also viel Vergnügen und freue mich über Kommentare!