Samstag, 8. März 2008

The Importance of Being Elfriede

Selbst talentierte Musikstudenten begehen in ihren frühen öffentlichen Konzerten oft einen beliebten Fehler: Sie betonen mit ihrem Spiel genau die Passagen, die schon durch die Komposition hervorgehoben sind. Vorzugsweise werden dann also dramatische Stellen besonders laut gespielt (ich nenne das immer die "Beethoven-Falle"). Das ist zum einen vollkommen unnötig, drückt zum anderen aber auch immer mangelnden Respekt vor dem Komponisten aus. In jedem Fall wirkt es vulgär.

Jungen Musikstudenten kann man interpretatorische Unreife gewiß verzeihen, aber wie sieht es mit Trägerinnen des Literaturnobelpreises aus? Diese Frage versucht derzeit das Theater Heidelberg zu beantworten - am Beispiel von Bunbury - Ernst ist das Leben, der Jelinek-Fassung von Wildes Importance of Being Earnest. Schon bei der Übersetzung des Titels erkennt man eines der beiden Jelinekschen Hauptprobleme, nämlich den Zwang, Schönes zu bekämpfen, wo sie nur kann. Warum kann man sich nicht endlich auf den einzigen plausiblen deutschen Titel einigen: Ernst muß man sein? Zwanghafter Aktionismus, das Krebsgeschwür der deutschsprachigen Bühnen! Jelineks zweites Problem ist meiner Meinung nach übrigens Faulheit. Man spürt, daß sie ungern Zeit ins Nachdenken und Textfeilen investiert.

Die Inszenierung erfüllt dann exakt meine Vorahnungen: Jelinek tappt in die Beethoven-Falle (bewußt oder unbewußt? egal!). Algernon Moncrieff & Co. werden als völlig künstliche, exaltierte Figuren dargestellt, deren seelischer Gehalt ausschließlich ihre Pose ist. Potzblitz, darauf wäre nach Lektüre des Stückes natürlich niemand gekommen. Schade, daß Wilde diese geniale Deutung nicht mehr erleben konnte.

Die Dialoge sind insgesamt weniger spritzig und elegant als im Original, aber natürlich immer noch urkomisch. Trotz Jelinek ein sehr amüsantes Stück, diese Meinung trifft es wohl tatsächlich am besten.

Ach ja: Die lokale Presse war natürlich wie üblich begeistert. Tatsächlicher Glanzpunkt der Aufführung ist für mich aber die Figur der Lady Bracknell, die von Simone Mende mit Grandeur ausgefüllt wird.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen