Montag, 14. April 2008

Nik Bärtschs Ronin

Defätismus ist wahrscheinlich die bequemste aller Positionen, auch in der Musik. An die Höhenflüge des 18. und 19. Jahrhunderts kommen wir sowieso nicht mehr heran, oder? Und wenn wir uns trotzdem ins 20. Jahrhundert wagen: Wirkliche musikalische Innovation gab es doch zuletzt in den 60er, allenfalls noch 70er Jahren. Oder etwa nicht?

Wohl eher nicht. Wie in praktisch allen Bereichen geht auch in der Musik alles den Bach rauf. Vielleicht gab es nie mehr neue Entwicklungen als heute, auch wenn sie sich schlechter einsortieren lassen als früher. Beispiel Jazz: E.S.T. und Nils Petter Molvær gehören beinahe ja schon zur klassischen Moderne, aber auch The Bad Plus oder das Karlsruher Kammerflimmer Kollektief sind Bands, die die musikalische Formensprache ungemein bereichert haben und hoffentlich noch lange bereichern. Oft geht es darum, einzelnen Instrumenten neue Aufgaben zuzuweisen - oder moderne musikalische Entwicklungen mit kammermusikalischen Traditionen zu verbinden.

Zu den Vorreitern gehört sicher auch der Zürich-Berliner Nik Bärtsch mit seinem Projekt Ronin. Seine Kompositionen wirken sphärisch und werden von repetitiven Strukturen getragen, zeichnen sich jedoch durch gelegentliche drastische Phasenübergänge aus, in denen die Musik ihren Charakter schlagartig ändert. Bärtschs Musik ist komplex, gefällt aber auch im unmittelbaren Eindruck - ein Kennzeichen großer Musik.

Sein Konzert im Jazzclub Karlsruhe wurde dementsprechend zu einem umjubelten Erfolg. Zwei Zugaben, das muß man im Jazzclub erst mal nachmachen! Sensationell der Perkussionist Andi Pupato und Sha an Bassklarinette & Altsaxophon. Doch auch die absichtlich überrissene Akustik trug zu einem ganz besonders radikalen Klangerlebnis bei. Die Aufnahmen auf ECM sollen wesentlich weicher und damit langweiliger sein ...

Wer Bärtsch mal live erleben kann: unbedingt hingehen!

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