Carlo-Kater
Seit dem großen Zusammenbruch vor einem Dreivierteljahr telefonieren zwar sehr viel weniger Leute über Skype, aber seine Salon-Funktion erfüllt der Dienst weiterhin tadellos: Im Skype-Chat kann man prima große Thesen in die Halböffentlichkeit werfen, über die man dann später im stillen Kämmerlein noch einmal gründlich nachdenken kann.
Und so kommen wir irgendwie auf lokale Parallelwährungen zu chatten, äh, sprechen. In Karlsruhe gibt es ja seit längerem eine Regionalgeld-Initative namens Carlo: In allen Geschäften, die bei dem Projekt mitmachen, kann man mit Carlo bezahlen und bekommt auch entsprechendes Wechselgeld zurück. Carlo ist letztlich nichts anderes als der Versuch einer Kundenbindungsmaßnahme auf lokaler Ebene, aber die Organisatoren verkaufen die Idee natürlich anders: Die lokale Wirtschaft würde gestärkt, außerdem könne man so Arbeitsplätze vor Ort erhalten. Toll, etwas mehr Gerechtigkeit auf dieser Welt!
Plausibel? Ein Blick ins Jahresprogramm nährt erste Zweifel. Die Vorträge heißen zum Beispiel Der Heißhunger der "Heuschrecken" und die Folgen für Karlsruhe oder Solidarisch miteinander wirtschaften – (wie) geht das? Hm, hm.
Solange Regionalgeld-Initiativen keine große Bedeutung haben, ist natürlich auch ihre Wirkung kaum zu messen. Aber nehmen wir mal an, Carlo & Konsorten würden großflächig funktionieren und einen erheblichen Teil des Wirtschaftslebens abdecken. Was würde passieren? Ganz einfach: Handel & Produktion würden (wie erhofft) regionalisiert und der Handel zwischen Regionen erschwert werden. Die Folge wäre wohl abnehmender Wohlstand, da sowohl Käufer als auch Verkäufer auf einem sehr viel kleineren Markt auftreten müßten. Glücklicherweise ist das Regionalgeld weit von einem Marktdurchbruch entfernt. Aber paradoxerweise gelten Initiativen wie Carlo manchem als soziale Wohltat. Irgendwie ist Heimat ja doch kuscheliger als globaler Wettbewerb, auch wenn dieser uns nie gekannten Wohlstand gebracht hat.
Vielleicht ist es am Ende einfach eine diffuse Abneigung gegenüber der kapitalistischen Gesellschaftsorganisation mit ihrem hohen Maß an Freiheit, die so manchen dazu bringt, sich pseudo-sozialen Initiativen mit kontraproduktiven Forderungen anzuschließen. Bekannte Beispiele sind ja Attac (Motto: etwas gegen die Armut in der Welt tun! Wirkung: etwas gegen den Aufschwung in der Dritten Welt tun) oder Greenpeace (Motto: etwas für die Umwelt tun! Wirkung: etwas für die Greenpeace-Spendenkasse tun).
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