Montag, 23. Juni 2008

Berlin, Berlin,
wir fuhren nach Berlin!

Vier Sommertage an der Spree! Die Reise beginnt politisch, denn im Flugzeug sitzt Cem Özdemir neben uns, bald ja vielleicht Bundesvorsitzender der Grünen. Doch wir verzichten auf Koalitions- und sonstige Gespräche und kommen pünktlich in Berlin an. Leider am falschen Flughafen, denn Gitty & Jörg warten in Schönefeld auf uns - wir aber sind in Tegel ... Nach einer längeren S-Bahn-Fahrt landen wir aber doch noch im idyllischen Grünau und genießen dort die gute Landluft. Berlin macht seinem Ruf als größtes Dort der Welt hier wirklich alle Ehre. Spät in der Nacht fahren wir in unser Hotel, keine 100 Meter vom Herz der deutschen Sozialdemokratie entfernt. Nein, nicht Rhöndorf - die Rede ist natürlich vom Willy-Brandt-Haus.

Am nächsten Tag geht es nach Potsdam. Als allererstes fällt uns das geschmackvolle Geschäft von Paul Rusicke auf. Er hat sich als Billigbestatter positioniert, die Erdbestattung gibt es bereits ab 965 Euro. Wie solche Preise möglich sind? Durch effizientes Arbeitsgerät, siehe Bild. Wäre ja auch noch schöner, wenn sie einem beim Sterben ausgerechnet das letzte Hemd nehmen würden! Wenig später werden wir in der Fußgängerzone von einem Fernsehteam angesprochen. Was die deutsche Mannschaft nach dem Sieg gegen Portugal denn noch zu erwarten hätte? Meine Antwort ist sachlich tadellos, aber leider nicht ganz im Interesse des Interviewers: "Vermutlich ein weiteres Spiel". Ein Satz über preußische Tugenden hätte den MDR-Leuten wohl besser gefallen. Apropos: Sanssouci erscheint uns reichlich unpreußisch und leider auch ein wenig ungepflegt. Sans financement, souci!

Abends treffen wir Michael in der herrlichen Osteria Tomasa im Kreuzberger Viktoriagarten. Angesichts des Fußballspiels Türkei gegen Kroatien ist er in großer Sorge - bei einem Sieg der Türken würde seine Heimfahrt nach Friedrichshain nach konservativen Schätzungen 2 Stunden länger dauern. Und tatsächlich: Kaum hat die Türkei das Spiel siegreich beendet, bricht der Straßenverkehr rund um Kreuzberg zusammen. Autofahren mit Fahne, an diesem Abend gehört das einfach dazu.

Samstag dann der Höhepunkt unserer Reise: Wir schauen uns Varekai an, das neue Programm des Cirques du Soleil. Im Grunde präsentieren die Kanadier ja klassische Artistiknummern, die sie in eine leichte Rahmenhandlung einbinden - in diesem Fall eine Ikarus-Variation. Die Russischen Schaukeln sind wirklich atemberaubend, auch die tapsigen Clown-Nummern gefallen uns gut. Weniger erfreulich sind die zum Teil brachiale Lautstärke und die Kostüme, die mir eine Spur zu bunt sind.

Am vorletzten Tag dann ein Gegenprogramm: Stasi-Gedenkstätte Hohenschönhausen. Man kann die DDR ja schnell für eine irgendwie weiche Diktatur halten, aber was sich die Stasi in Hohenschönhausen erlaubt hat, ist schon bedrückend. Immerhin muß man für den Aufenthalt heute einen weitaus niedrigeren Preis (4 Euro) zahlen als früher. Direkt auf dem alten Sperrgelände steht nun übrigens ein Lidl-Markt - ein herrliches Symbol für den Sieg des Kapitalismus!

Nach einer Spree-Rundfahrt leiten wir das Ende unserer Besuchs ein. Abends treffe ich mich noch mit den anderen beiden Mitgliedern des Weltverbesserungsclubs im Würgeengel. Wie üblich diskutieren wir über YouTube-Videos, verlustreiche Civilization-Feldzüge und schlechte Software. Bernhard berichtet von neuerlichen Zusammenkünften mit Klaus Staeck, und Kampfroboter-Experte Martin distanziert sich auffällig nachdrücklich von Behauptungen, er arbeite in der Rüstungsindustrie.

Der Rückflug findet ohne Cem statt - dafür aber mit einer Baden-Badener Dame, die reichlich renoviert aussieht. Ein würdiger Abschluß für ein ereignisreiches Wochenende.

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