Yin und Yang
Manfred Reichert wirkt als Professor für Neue Musik an der Uni Mainz und ist bis heute ein Vorkämpfer für neue musikalische Entwicklungen. Sein Ensemble 13 gilt als das älteste Orchester für zeitgenössische Musik in Deutschland. In diesem Jahr nun traten Reichert und sein Ensemble zum letzten Mal zu ihrer Wintermusik im Medientheater des ZKMs auf. Ein Pflichttermin für alle Freunde sperriger Klangeindrücke, also auch für Günther und mich. Vor dem Konzert wollen wir uns noch einen Drink in der ZKM-Bar genehmigen. Die überforderte Mitarbeiterin behauptet, es gäbe nur einen einzigen Rotwein. Hm ... Testweise ordern wir einen Spätburgunder sowie einen Merlot - und es klappt!
Das Konzert beginnt mit einem kurzen Einführungsvortrag von Manfred Reichert. Wortreich (ausgerechnet!) begründet er, warum man Musik nicht in Worte fassen kann und warum es im Grunde gar keinen Sinn ergibt, über die folgende Musik zu sprechen. Sie sei aber als Collage der verschiedenen Formen musikalischer Kraft zu verstehen. Soso ...
Dann geht es los. Die Komposition besteht tatsächlich aus einer Zusammenführung verschiedener Werke von Zeitgenössen wie Nono, Piazzolla oder Glass. Bis kurz vor der Halbzeitpause bin ich gefesselt wie selten bei einem Konzert: Vielleicht hat Reichert ja wirklich eine Art Periodensystem musikalischer Wirkungen konstruiert? Der Eindruck verflüchtigt sich aber im Laufe der Aufführung. Die Logik der musikalischen Kombination wird immer unklarer und beliebiger. Einigermaßen lustig ist allerdings die Idee, immer wieder Einsprengsel eines Glass-Werkes zu bringen - auch wenn auf diesen Einfall wahrscheinlich auch schon ein Erstsemester in Komposition kommen kann. Fazit: ein interessantes Konzert mit technisch gewiß herausragenden Musikern, dessen Arrangement in der Gesamtschau aber nichts Zwingendes an sich hat.
Apropos Musiker: Der Pianist erinnert mich an Heiner Müller, die Zweite Geige an Werner Heisenberg und die Erste Geige wieder an den Pianisten. Hier schlösse sich der Kreis ... wenn, ja wenn nicht der Bassist ein wenig aussähe wie Karlsruhes Erste Geige ...
Danach geht's weiter ins Radio Oriente, wo schon Anke und Moni auf uns warten. The Pumpkins spielen Beatles-Klassiker und haben das Radio Oriente in einen Hexenkessel verwandelt: Musik und Stimmung sind das Gegenteil unserer Erlebnisse im ZKM. Man merkt den Pumpkins an, daß sie schon seit 15 Jahren zusammen spielen. Herausragend ist allerdings die Stimme von Hauptsänger Oliver Rihm - wow! Vielleicht hat Terry Sylvester wirklich recht mit seiner Meinung, die Pumpkins seien die beste Beatles-Coverband? Karlsruhe braucht doch ständig Superlative, hier wäre zur Abwechslung mal ein glaubwürdiger ...
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