Montag, 30. November 2009

Pollini & Pilatus

Nach langen zwei Jahren gönnen wir uns endlich mal wieder ein Wochenende in Luzern. Der Monat spricht natürlich dagegen, aber leider findet das Piano-Festival nun mal stets im November statt. Wir steigen also in die Bahn und machen uns auf den Weg in die Schweiz.

Nach dem Umstieg im Schweizer Bahnhof in Basel wollen wir unsere Plätze einnehmen, doch der Herr am Fenster will einfach nicht weichen. Das Prinzip der Reservierung scheint ihm nicht geläufig zu sein. Es geht ein bißchen hin und her, dann haben die – eigentlich unbeteiligten – Damen gegenüber ein Einsehen und machen ihre Plätze für den Herrn frei, damit wir uns auf unsere Plätze setzen können. Uns ist diese eidgenössische Höflichkeit ein bißchen peinlich, aber der dreiste Herr fühlt sich pudelwohl. Andere Länder, andere Unsitten.

Auf dem Weg zum Hotel staunen wir über den neuesten Luzerner Freizeittrend: Fahrräder werden in die Reuss geworfen, bleiben dort eine Weile liegen, wieder herausgeholt und dann erneut hineingeschmissen. Offenbar eine kultische Handlung, die sich Außenstehenden nicht erschließt, aber immerhin ein wenig an das deutsche Regietheater erinnert! Inspiriert beziehen wir unser wunderbar altmodisches Hotelzimmer mit Blick auf den Pilatus, der ja im Prinzip ein Emmentaler, aber alles andere als Käse ist. Beim Frühstücksbüfett entdecke ich zum ersten Mal Ovomaltine-Brotaufstrich und bin etwas enttäuscht: Nutella mit Knusperstückchen, muß das sein?

Doch für weitere Überlegungen bleibt keine Zeit, schließlich müssen wir den stolzen Ozeanriesen erreichen, mit dem wir über den Vierwaldstätter See zum Rütli schippern wollen. Dort erleben wir dann das wohl unspektakulärste Nationalheiligtum der Welt. Die Ehrenwache des historischen Ortes wird von sorgfältig ausgewählten Schafen gebildet, deren zahlreichen Hinterlassenschaften man auf dem Rasen leider nur schwer ausweichen kann. Kein Wunder, daß Wilhelm Tell damals hier nicht mitgeschworen hat.

Am frühen Abend lauschen wir dann dem Spiel Maurizio Pollinis im KKL (in dessen Foyer es in diesem Jahr mehr Gäste als Sicherheitsleute gibt, erstaunlich!). Beethovens Sturm-Sonate und die Appassionata bringt Pollini für meinen Geschmack ein wenig fad auf die Tasten, aber in Schumanns Fantasie op. 17 entzündet er ein Feuerwerk der Dynamik (auch wenn die NZZ nicht begeistert war). Den gelungenen Tag beschließen wir in der gemütlichen Rathaus Brauerei, wo ich das Rathaus-Bock empfehlen kann (Anke das normale Rathaus-Bier aber weniger).

Am Sonntag schließlich wollen wir mit der Pilatusbahn ganz nach oben. Auf dem Gipfel in rund 2.100 Metern Höhe weht es uns frisch um die Ohren, doch die Aussicht entschädigt für alles.

Confoederatio Heretica

Bislang war ja Deutschland der europäische Staat mit den meisten Trivialregelungen in der Verfassung. Doch die Schweiz will offenbar aufholen: ein Minarettverbot in der Bundesverfassung, wow! Das Bauverbot wird natürlich kaum eine Chance haben, vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu bestehen, so daß der einzige Effekt des Volksentscheids wohl in einem kräftigen Imageschaden für die Eidgenossen liegt. Vor allem beim finanzkräftigen arabischen Publikum. Nun, jeder muß eben nach seine Facon unglücklich werden.

Wenn ich das alles richtig verstehe, haben die Schweizer sich jetzt für folgende Regelung entschieden: Wenn ich glaube, daß Donald Duck der Sohn des Weltenschöpfers Dagobert Duck ist, darf ich Türme bauen und meine Mitbürger straffrei mit Krach belästigen. Wenn ich aber glaube, daß Donald Duck bloß der Prophet des Weltenschöpfers Dagobert Duck ist, darf ich solche Türme eben nicht bauen. Vive la raison!


Bild: nicht die Bahnhofstraße in Zürich



PS: Die naheliegendste Überschrift zum Thema gibt es (leider) schon bei PPQ.

Montag, 23. November 2009

Muß i denn, muß i denn ins Städele hinein?

Jahresherbstausflug nach Frankfurt. Unser Ziel ist das Städel, in dem gerade eine umjubelte Botticelli-Ausstellung läuft. Doch am Eingang kommen mir angesichts der Besucherschlange Zweifel: rein oder nicht rein? Die kulturignorante Antwort lautet: nicht rein. Und so wandern wir Herren ins Holbein's, um wenigstens italienische Kaffeespezialitäten zu genießen, während sich die Damen der Kulturrezeption widmen.

Später schauen wir noch bei Gaby & Bernd vorbei, wo mir Bernd das Bier des Jahres vorsetzt: ein Schlappeseppel. Immerhin aus hefekultureller Sicht also ein gelungener Tag!

Donnerstag, 19. November 2009

Schüsselerlebnisse

Nicht vergessen: Heute ist Welttoilettentag. Passend dazu hier einige Impressionen aus der badischen Metropole.

Mittwoch, 18. November 2009

Vorsicht: Dieser Beitrag dient verblichen Zwecken

Wenn jemand die Ansicht vertritt, ich hätte den vorliegenden Beitrag nur verfaßt, um auf eine erfreuliche sprachliche Entdeckung hinzuweisen und nebenbei ganz entspannt Distinktionsgewinne einzufahren, dann möchte ich diese Vermutung hiermit perhorreszieren.

Aufgelesen (15)

"Elite German people, even younger ones, are too widely traveled to ever be bothered much by such mundane things as global politics, international terrorism, or the macroeconomic cycle. In order to blend in with your German acquaintances, you must transcend these worldly levels and understand the true issues affecting elite German people today."

Montag, 16. November 2009

Die Hölle, das ist die Wirtschaft

Fantastischer Fortschritt in den Wirtschaftswissenschaften! Renommierte Harvard-Forscher haben herausgefunden, welcher Faktor wirklich hinter Wirtschaftswachstum steckt: der Glaube an die Hölle. Je satansfürchtiger eine Gesellschaft, desto höher ihre Wachstumsrate. Eine Erkenntnis, die allerdings das Musterländle Baden-Württemberg kaum überraschen dürfte – immerhin wurde unsere Landesregierung ja über lange Jahre vom Teufel höchstselbst geführt.

Auch Wirtschaftspoet Wolfgang Petry hat es ja schon immer gewußt.

Bild: Wikipedia

Montag, 9. November 2009

Bookmarks 2009

Eben kurzer Chat mit der Gräfin. Sie legt mir dringend den Taubenvergrämer ans Herz. Ich verspreche ihr, die Seite zu bookmarken.

"Bookmarken". Klingt inzwischen außerordentlich altmodisch, oder? Ist es in Zeiten von Twitter, Facebook & Co. schon reaktionär, wenn man ein Lesezeichen anlegt?

Hunzigacker



Gefunden bei wirres.net

Sonntag, 8. November 2009

Schotten dicht

Jahrestasting bei Fred. Im letzten Jahr hatte sich unsere Expertenrunde nach einer strengen Blindverkostung ja ausgerechnet für einen Standardwhisky entschieden, den man heute rund um die Uhr an jeder Tankstelle bekommt. In diesem Jahr soll unser Urteil natürlich deutlich fachlicher ausfallen.

Da die Teilnehmer viel zu viele Whiskys mitgebracht haben, trifft Versuchsleiter Jörg eine zufällige Vorauswahl und bringt die Flaschen in eine Reihenfolge, die sich später als äußerst durchdacht erweist. Bekanntlich ist eine systematische Vorbereitung unabdingbar für Spontaneität, aber offenbar ist Spontaneität zugleich auch die ideale Vorbereitung!

Nach vier anstrengenden Stunden ist sich die Runde einig. Die Nummer 4 wird Tagessieger - komplexe Frucht, Rumtopf-Noten, zugleich aber angenehm weich. The winner is ... Glenlivet 18 Years. Wieder ein Tropfen aus einer Großbrennerei, wie unfachlich. Doch zu unserer Ehrenrettung entdecken wir immerhin auch zwei Geheimtips: einen Penderyn (aus Wales) sowie den ziemlich scharfen Aberlour a'bunadh in Faßstärke.

Mittwoch, 4. November 2009

GOTT SCHICKT MIR EIN ZEICHEN

Eigentlich will ich nur aufs Standesamt, um endlich meine peinliche Mitgliedschaft in einer Organisation zu beenden, die bronzezeitliche Mythologie mit neuzeitlichem Brauchtum kombiniert. Doch Minuten vor meiner Ankunft bricht das Rechenzentrum der Stadtverwaltung zusammen: Nicht die geringste Amtshandlung ist mehr möglich, auch nicht der Kirchenaustritt!

Zufall? Oder eine Botschaft jenes höheren Wesens, das wir verehren? Ich tippe auf zweiteres und muß jetzt nur noch zwei unbedeutende Fragen klären: Welche der vielen tausend Gottheiten hat mir da nun ein Zeichen geschickt? Und was hat das Zeichen genau zu bedeuten?