Deutschland aus der Vogel-Perspektive
Die beiden Vogel-Brüder stellen ihr neues Buch in Karlsruhe vor und haben sich dazu den NTI-Hörsaal der Uni ausgesucht. Es kommt richtiges Uni-Feeling auf: Der Saal ist zu etwa 120 Prozent belegt. Da man hier auf eine systematische Belüftung verzichtet hat (sonst werden hier ja bloß Nachrichtentechniker ausgebildet), ist der Sauerstoff schon nach wenigen Minuten verbraucht, juhu!
Doch als Hans-Jochen und Bernhard Vogel die Bühne betreten, sind alle biologischen Mühen vergessen. Die beiden decken ja mal eben locker 60 Jahre deutsch-deutscher Geschichte ab, und als sie ins Erzählen kommen, liegt ihnen das ganze Publikum zu Füßen. Immerhin haben sie ja die beiden großen sozialdemokratischen Volksparteien in Deutschland mitaufgebaut.
Eines ihrer großen Lebensthemen: Verwechslung. Vogel d.Ä. berichtet von einer Begegnung mit dem einzigartigen Heinrich Lübke. Der Bundespräsident hätte ihn bei einer Veranstaltung gefragt, ob er denn er selbst sei oder sein Bruder? Eine schwierige Frage, deren Beantwortung größtes politisches Geschick erfordert! Vogel d.J. hingegen erinnert sich an die Landtagswahl 1983, als er für das Amt des Ministerpräsidenten kandidierte und sein Bruder am selben Tag Kanzlerkandidat der SPD war. Überall in Rheinland-Pfalz hätten Wahlplakate der beiden Brüder nebeneinander gehangen, aber seiner Werbeagentur sei der bessere Scherz gelungen: Aufkleber mit dem Aufdruck "Mein Vogel heißt Bernhard".
Am Ende besteht die Möglichkeit zur Diskussion, und es kommt, wie es kommen muß: Eine eifrige Studentin outet sich als Mitglied des Debattierclubs der Uni Karlsruhe und möchte wissen, wie denn die beiden Brüder zu Elite-Unis stünden? Der ganze Saal ist peinlich berührt, aber Hans-Jochen und Bernhard sind ja Profis: Mit ein paar eleganten Bemerkungen werden die Themen "Elite" und "soziale Gerechtigkeit" verbunden, und der Abend klingt versöhnlich aus.
Das war die Bonner Republik.
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