Samstag, 29. September 2007

Bitte einsteigen

Ein Traum wird wahr: Anke lädt mich zu einer der bemerkenswertesten Attraktionen der badischen Metropole ein - der Schloßgartenbahn! Ganz stilecht lösen wir ein Billet mit Dampfzuschlag und machen uns aufgeregt auf den 2,7 Kilometer langen Rundkurs. Nach mehr als sieben Jahren in Karlsruhe habe ich es endlich auf den Olymp der Lokaltouristik geschafft!

Erbaut wurde die Spezialität übrigens 1967 anläßlich der Bundesgarten- schau, und genau diesen Eindruck vermittelt das Bähnle auch. Alles ist wunderbar harm- und problemlos wie zu altbundesrepublikanischen Zeiten. Erstaunlich niedrig ist nur eines: der Altersdurchschnitt der Fahrgäste ...

Donnerstag, 27. September 2007

Zum Wohl

Bettinas Partys haben sich längst einen legendären Ruf in Karlsruhe (und darüber hinaus!) erworben. Wir alle sind also höchst gespannt auf ihre neueste Festveranstaltung. Und tatsächlich: Wieder gelingt unserer Tangoqueen eine Überraschung auf höchstem Niveau. Diesmal erwischt sie uns alle mit einer Blindverkostung sechs ausgesuchter Weine. Preisfrage: Welcher Wein kommt aus welchem Land? Kein Problem, schließlich haben wir fast ausschließlich erfahrene Weinsportler in unseren Reihen!

Im Laufe des Abends kann man folglich Zeuge so mancher hochfachlicher Weindebatte werden, denn "das muß ganz klar ein Gran Reserva sein, der hat viel Holz gesehen!" Aber: "Das hier ist gewiß kein Cabernet, diese mineralischen Noten!" Günther und ich punkten mit einer Diskussion des gegenwärtigen Trends in der deutschen Weinwirtschaft - weg von der Rebsortentypizität und hin zum Terroirgedanken. Damit kann man immer Eindruck schinden! Doch auch andere Teilnehmer wissen zu überzeugen. Es wird kräftig Fachprestige hin- und hergeschoben, puh.

Doch am Ende erlebt die lustige Runde ihr Waterloo, wenn nicht sogar ihr Stalingrad: Fast alle haben nur zwei der sechs Weine richtig einem Land zugeordnet, lediglich ein einziger Weinfreund kommt auf vier Richtige. Ein bedauernswerter Weinamateur hat sogar nur einen einzigen Tropfen korrekt erkannt, grrrrr. Völlig zu recht gibt Bettina mir zu verstehen, daß ich sie sehr enttäuscht hätte.

Ist eben heute nicht mehr ganz leicht, das Land herauszuschmecken. Ich sage nur: Terroirausdruck!!!

Dienstag, 25. September 2007

Eisenbahner-Apodiktik

Schon wieder Margret Suckale! So eine Tarifverhandlung ist natürlich eine nervenaufreibende Sache. Da können einem schon mal Sätze herausrutschen wie dieser: "Wenn diese einmalige Chance nicht genutzt wird, wird es keine zweite Chance dieser Art geben". Der große Lothar Matthäus läßt grüßen!

Die Dame aus dem Vorstand der Deutschen Bahn gefällt mir immer besser.

Optimisten sehen schwarz

Die Klimahysterie wird nun auch in der Internetwelt zu einem immer attraktiveren Geschäftsmodell. So wirbt der Google-Aufsatz Blackle damit, schwarze Ergebnisseiten auszuspucken; da weiße Flächen auf dem Monitor mehr Energie verbrauchen, würde man so das Klima schützen. Allerdings verbraucht eine Google-Anfrage laut New York Times ohnehin bereits soviel Strom wie eine Energiesparlampe in einer Stunde. Naja, aber immerhin eine nette Vermarktungsidee.

Montag, 24. September 2007

Aller guten Dinge sind zwei

Zweiter Teil unserer kleinen Duo-Serie im Jazzclub! Heute haben wir zwei Musiker zu Gast, die beide schon zu den Jungstars im deutschen Jazz zählen: Rainer Böhm am Klavier und Johannes Enders am Saxophon. Beide sind hervorragende Musiker, doch das Spiel von Rainer Böhm fasziniert mich sogar noch ein bißchen mehr. Er spielt sehr farbenreich und dynamisch, gleitet aber niemals in Prahlhans-Virtuosität ab. Johannes Enders gibt eher den ruhigen Gegenpol und paßt sich immer wieder wunderbar ans Klavier an. Ein toller Abend!

Das nächste Duo-Konzert wird sicher eine Spur exotischer ...

Wer im Glashaus sitzt ...

Das Boulevardmagazin Spiegel online hat mal wieder eine typische Unsitte des deutschen Journalismus' begangen und eine Quatschmeldung von Bild ungeprüft übernommen. Gegenrecherche - was ist das? Wenige Stunden später ist den Meinungs(mies-)machern aus der Brandstwiete immerhin aufgefallen, in welches Fettnäpfchen sie da mal wieder getappt sind. Arrogante Medienschelte mußte aber dennoch sein: Der Bild-Bericht hätte "Millionen Arbeitnehmer" verunsichert.

Wann kommt endlich spiegelblog.de? Irgend jemand muß dem Spiegel doch mal einen solchen vorhalten.

Sonntag, 23. September 2007

Birne Hélène

Herrje, schon wieder die unvermeidliche Hélène Grimaud! Anläßlich des Erscheinens ihrer neuen CD äußert sie sich im Werbeblättchen klassik erleben überraschend kenntnisreich über Beethovens Klavierkonzert Nr. 5: "Das Klavierkonzert ist ein Biest, vor dem man unglaublich Respekt hat ... Er 1) kämpfte mit dem Problem, dass Wahrheiten, die gestern noch bestanden 2), am nächsten Tag ihre Gültigkeit verloren hatten". Hat sie denn bei der Beschäftigung mit dem Werk etwas gelernt? Ja, durchaus: "Man studiert es - und das Biest entpuppt sich am Ende tatsächlich als Lehrer". Junge, Junge ... Wenn es nicht so lustig wäre, könnte man lachen!

Wieder mal ein eindrucksvoller Beleg dafür, daß man wirklich jeden Quatsch hinschreiben kann, solange es nur um klassische Musik geht ...


1) Ludwig van
2) Möglicherweise zum Beispiel die Aussage: "Es regnet"?

Donnerstag, 20. September 2007

Streng geheim!

Der Film Top Secret (1984) gehört sicher zu den albernsten Produktionen der Filmgeschichte, auch oder gerade weil er in der DDR spielt. Ein fleißiger Cineast hat sich nun die Mühe gemacht und ein YouTube-Extrakt für den eiligen Filmfreund zusammengestellt: Top Secret in 10 minutes. Viel Vergnügen!

Apropos: Wäre Topf Secret nicht ein feiner Name für eine Kochsendung mit den besten Geheimrezepten? Wahrscheinlich schon, wenn nicht (wie immer, seufz) schon ein anderer vorher auf die Namensidee gekommen wäre - in diesem Fall ausgerechnet der Bundesnachrichtendienst.

Mittwoch, 19. September 2007

LA pour l'art

In der Paul Kopeikin Gallery in Los Angeles läuft momentan eine vielversprechende Ausstellung des Fotografen Chris Jordan: Running the Numbers. In einem Gursky-ähnlichen Stil hat Jordan diverse numerische Aspekte der amerikanischen Alltagskultur visualisiert. Unbedingt sehenswert!

Amrum-Nachtrag

Amrum ist die Insel der Ruhe und der Besinnung. Entsprechend sparsam ist das Angebot an allem, was der Selbstreflexion der Seele in irgendeiner Weise abträglich sein könnte. Nichts illustriert die kulturelle Situation auf der Insel besser als diese Reklametafel.

Dienstag, 18. September 2007

Kremskrams

Seit Jahren arbeiten verschiedene Hochschularten im deutschsprachigen Raum mit Hochdruck daran, ihr Niveau aneinander anzugleichen. Als größter gemeinsamer Nenner gilt dabei der Standard, den die Volkshochschulen vorgegeben haben. Diesen versucht man durch verschiedene Maßnahmen zu erreichen, beispielsweise durch die Einführung von Bachelor- und Master-Graden. Als großes Vorbild gilt hier das Handwerk, in dem Gesellen- und Meister-Abschlüsse ja bereits seit Jahrhunderten Freibriefe für Terminuntreue und überhöhte Rechnungen sind - Dinge, nach denen sich auch jeder Wissenschaftler sehnt.

An der Donau-Universität Krems ist nun der langerwartete Durchbruch in der Hochschulpolitik gelungen: Man hat dort einen Studiengang für Feng Shui aufgelegt. Zur Zeit ist noch nicht absehbar, in welchem Maß diese Innovation das akademische Denken in Europa beleben wird. Möglich ist nun alles: Wünschelruten-Ingenieurwesen, Ufo-Bau, am Ende vielleicht sogar Tierlinguistik.



PS: Die passende Überschrift ist eine freundliche Leihgabe von Bernhard (der seit kurzem übrigens im neuen Design auftritt).

Montag, 17. September 2007

Watt für die Seele

Kleine Auszeit in den Notizn - glücklicherweise mit der bestmöglichen Ausrede: Urlaub! Wir hatten uns für ein paar Tage auf Amrum entschieden, dem Aufladegerät im Wattenmeer. Vorher standen allerdings noch Danielas Hochzeit und ein Zwischenaufenthalt bei Sonni & Tom in Hamburg auf dem Programm.

Zuerst also die Hochzeit in Mariensee, einem kleinen Dorf irgendwo nordwestlich von Hannover. Wir haben einen tollen Tisch erwischt und unterhalten uns prächtig, bis sich die ganze Gesellschaft zu einem risikoreichen Ritual versammelt: dem Brautstrauß-Wurf. Mit bangen Augen beobachte ich das Spektakel, und es kommt genau so, wie es kommen muß. Natürlich fängt ausgerechnet Anke Danielas Strauß auf, und wir müssen zur nicht unerheblichen Erheiterung der Feiergäste ein Tänzchen hinlegen. Am nächsten Morgen stehlen wir uns früh aus dem Hotel und fahren unbemerkt nach Hamburg weiter - vielleicht gerät die Episode in der Familie ja schon bald in Vergessenheit.

In der Hansestadt werden wir bereits von Tom erwartet, der ein anspruchsvolles Besuchsprogramm auf die Beine gestellt hat und uns mit seinem Gaul erst mal durch die Stadt kutschiert. Wir schließen eine beeindruckende Hafenrundfahrt an und freuen uns über die launischen Kommentare des Sprechers. Abends kehren wir dann bei einem ausgezeichneten Inder ein, wo ich den Fehler des Tages begehe: Der wohlklingende "Kräuter-Lassi" entpuppt sich als flüssiger Tsatsiki. Gewöhnungsbedürftig! Am nächsten Tag schauen wir uns das Miniatur-Wunderland in der Speicherstadt an. Kleiner Tip: Nächstes Jahr wird der Schweizer Abschnitt fertiggestellt, der sozusagen eine Kolossalminiatur wird - paradox, aber unbedingt sehenswert. Am Abend zocken Tom und ich noch je zwei Partien TwixT und Legie. Beide Runden enden salomonisch 1:1.

Dienstag machen wir uns dann auf den Weg nach Amrum. Unterwegs entdecken wir noch ein bemerkenswertes Wahlkampfplakat von Klaus Michael Tatsch, einem Kandidaten für die Wahl zum Landrat in Nordfriesland (sein Ergebnis: immerhin 11 Prozent). Durch einen unerklärlichen Druckfehler steht auf seinen Plakaten nämlich "Tratsch". Wir stellen uns Begegnungen mit dem Bürger vor: "Ach, Herr Tratsch! Schön, Sie zu sehen - was gibt es denn Neues?" Schon wenig später sind wir in Dagebüll und besteigen die Fähre (Amrum-Profis empfehlen übrigens die Fähre durch die Halligen ab Schlüttsiel).

Der Mittwoch beginnt sportlich mit einer Wanderung über den Kniep, Amrums erstaunlich breiten Sandstrand an der Westküste (der ja eigentlich gar nicht zu Amrum gehört). Anke sammelt etwa die Hälfte aller Muscheln ein, und ich befürchte schon Schwierigkeiten mit der Amrumer Touristikbehörde. Doch der Tag endet friedlich, wenn auch nicht unbedingt mit ortstypischen Getränken: Wir setzen auf einen elsässischen Gewürztraminer (übrigens eine Empfehlung von Gerd Rindchen) und einen badischen Federweißen.

Nach einem ereignisreichen Donnerstag wird unsere kulinarische Flexibilität abends auf eine harte Probe gestellt: Die berühmte Blaue Maus hat geschlossen, und im Seefohrerhus am Hafen ist praktisch alles aus (einschließlich der Getränke), so daß wir schließlich hungrig im Steuerrad stranden. Alle entscheiden sich für vernünftige Getränke, nur ich muß mal wieder auf Wein setzen und werde mit einem nicht gerade berühmten Weißburgunder und einem gähnend langweiligen Spätburgunder bestraft ("Visions" by Philipp Maurer, Rheinhessen).

Auch der nächste Tag wird von Flüssigkeiten bestimmt: Bei 14-15 Grad Lufttemperatur schmeiße ich mich in die Nordsee, deren Wasser erfreulicherweise wärmer als die Luft ist. Doch das ahnen die Spaziergänger am Strand natürlich nicht, so daß ich ganz entspannt Heldenpunkte einfahre. Anschließend dokumentiert Anke fotografisch meine Versuche, mich bei Windgeschwindigkeiten von ca. 100 km/h wieder anzuziehen. Das Ganze wirkt etwas weniger elegant, und ich muß die Heldenpunkte wieder abgeben.

Unsere letzten 24 Stunden auf Amrum beginnen mit einem Frühstück im Hotel Hüttmann, wo immerhin zumindest die Preise erstklassig sind. Anschließend lassen wir uns noch einmal kräftig auf dem Kniep durchpusten und gönnen uns dann Kaffee & Kuchen im Teehaus Burg, das angeblich auf den Resten einer alten Wikingerburg thront. Aber haben Wikinger tatsächlich in Burgen gelebt? Vermutlich eine Frage, die man als Urlauber nicht stellen sollte ...

Am Montag treffen wir dann gut erholt in Karlsruhe ein. Wahrscheinlich nicht unsere letzte Reise an die Nordsee!

Mittwoch, 5. September 2007

Hélène Grimaud

Zu Hélène Grimaud hat jeder eine Meinung. Die einen bejubeln ihr Spiel und loben ihren Klang auch noch mit den unsinnigsten Quatschäußerungen (Beispiel: "sanft und dennoch scharf pronociert" - natürlich aus dem Boulevardmagazin Spiegel online). Die anderen sind eher skeptisch und empfehlen ihr dringend, doch bitte endlich Klavierstunden zu nehmen.

Vielleicht hat sie uns in jungen Jahren wirklich mal erfrischende Einspielungen beschert. Aber ist es denn zuviel verlangt, wenn man an eine Pianistin den Anspruch stellt, Klavier spielen zu können?

Unappetitlich

Die Vereinigte Gebäudereinigungsgesellschaft (VGR) in Elmshorn bietet diverse Dienstleistungen für den Garten an. Offenbar vertritt die VGR ein recht ungewöhnliches Menschenbild, denn man bezeichnet die eigenen Mitarbeiter nonchalant als Gartensklaven - und bietet sie gleich für 240 Euro pro Tag an.

Die Würde des Menschen ist unantastbar - wirklich?

Montag, 3. September 2007

Fliehkraft

Die englische Vokabel des Tages lautet: to absquatulate. Sie bedeutet soviel wie "fliehen" oder besser "sich davonmachen", bringt bei jeder Verwendung aber deutlich mehr Prestigepunkte als das banale "to escape".

Sonntag, 2. September 2007

Bibo ergo sum

In jedem Jahr bietet die Karlsruher Bierbörse vor dem Schloß eine perfekte Gelegenheit, den Genuß vergorenen Gerstensaftes mit kulturellem Interesse zu tarnen. Angeblich werden auf dem Fest bis zu tausend verschiedene Biersorten ausgeschenkt, so daß man sich ganz entspannt durch die geschmackliche Vielfalt der Menschheit trinken kann. Und das ganz ohne schlechtes Gewissen, denn es geht natürlich nicht um Bier, sondern eben um Kultur!

Günther, Bettina und ich nutzen diesen argumentativen Kniff zum wiederholten Mal und probieren das eine oder andere Getränk aus. Am besten gefällt uns das dunkle Bier der belgischen Brauerei Grimbergen, das einen angenehmen Malzton und genau die richtige Süße mitbringt. Den schönsten Antiklimax des Abends erleben wir bei einer schottischen Brauerei, deren Personal herrlich sächselt. Authentizität ist auch nicht mehr das, was sie einst war ...

Zwischendurch laufen uns Thomas & Birgit in die Arme, und später treffen wir auch noch Boris. Leider bereitet er gerade seinen Abschied aus Karlsruhe vor - es zieht ihn zu Anita nach Bonn.