Donnerstag, 31. Juli 2008

Die Sozialautokraten

Parteischädigendes Verhalten können unsere Sozialdemokraten ja praktisch jedem zweiten Parteipromi vorwerfen. Schließlich haben Genossen wie Beck, Ypsilanti oder natürlich Oldie (Ver-)Eppler nichts anderes im Sinn, als ihre Partei schlecht aussehen zu lassen. Doch nun soll ausgerechnet Wolfgang Clement tatsächlich aus der SPD ausgeschlossen werden. Wieviel Angst muß eine Partei haben, daß sie auf eine Lappalie dermaßen überzogen reagiert?

Wenn die SPD so weitermacht, ist die CDU bald die einzige sozialdemokratische Partei in Deutschland ...

Potts' Blitz

Auch bei unseren Freunden auf der Insel gibt es Talentshows. Im letzten Jahr wurde die ITV-Sendung Britain's Got Talent von einem "Talent" gewonnen, das eine professionelle Opernausbildung hinter sich hat: Paul Potts. Mr Potts gibt sich als schüchterner Bursche, wird von ehemaligen Kollegen aber als Verkaufsgenie beschrieben. Alles also wahnsinnig authentisch.

Sein Album One Chance verkauft sich wie geschnitten Brot. Dabei wurde bei der Namensgebung eine große Chance vertan. Im Grunde hätte seine Plattenfirma Sony BMG von Kambodscha-Freund Nils-Petter Molvær lernen und das Album Khmer nennen sollen. Natürlich hätte man in diesem Fall auch noch das S aus Paul Potts Namen streichen müssen.

Samstag, 26. Juli 2008

Mal was anderes

Ich habe mich zu einer denkwürdigen Abendveranstaltung überreden lassen: einem Mal-Crashkurs mit Weinbegleitung. Und das, obwohl ich doch nicht mal einen einfarbigen Kreis anständig aufs Papier bekomme. Doch alles beginnt ganz harmlos. Die Künstlerin erzählt uns dies und das über Farben und Pinsel und fragt nach den Bildplänen der Teilnehmer. Ich halte mich vornehm zurück und nuckele an meinem Wein. Doch irgendwann ist das Glas leer, und wir Malschüler begeben uns demütig an die Staffeleien. Also frisch ans Werk!

Anfangs wirkt mein Bild gar nicht so schlecht. Es besteht vor allem aus einem blauen Hintergrund, der nach oben hin heller wird. Wenn man sich nur weit genug von der Leinwand entfernt, sieht es eigentlich gar nicht nach Kindergartenklackserei aus. Ganz im Gegenteil: Der Eindruck ist hart, männlich, kühl - wow! Das hätte ich ja selbst nicht gedacht!

Voller Vertrauen in mein erwachtes künstlerisches Genie beschließe ich, das Werk "Der Eisgott" zu nennen, als sich plötzlich die Künstlerin nähert und mein Bild freundlich begutachtet. "Gar nicht schlecht! Diese weichen Übergänge, das ist ja ein sehr weibliches Bild!"

Volltreffer. Kunst ist, wenn man trotzdem lacht.

Auf den Straßen von Ludwigshafen

Schon wieder ein Straßentheater-Festival! Diesmal allerdings auf der pfälzischen Seite von Gevatter Rhein - in Ludwigshafen, der praktischen Siedlung gleich neben der BASF. Wenn die vielen Brücken in der Stadt nicht aus Beton und so furchtbar häßlich wären, könnte man die Stadt glatt das Venedig der Pfalz nennen! Über zahlreiche eben jener Brücken landen wir aber irgendwie doch noch am Ort des Geschehens, dem Ludwigsplatz gleich neben dem unwahrscheinlich bedrückenden Rathaus-Center. Ich muß an Hohenschönhausen denken ...

Wir bestaunen noch die Bausünden der 60er, als der Kulturmensch der Stadtverwaltung die Veranstaltung mit einer erstaunlichen Information eröffnet: "Liebe Zuschauer, ich begrüße Sie herzlich auf einem der schönsten Plätze Ludwigshafens!" Ogottogott!

Doch irgendwie kommt das Fest nicht so richtig in Fahrt. The Four Shops spielen ein bißchen Musik und nennen dabei sehr häufig ihren Ensemblenamen, anschließend bewegen sich die Yeti-Wesen der Envoyés du Yuoclund über den Platz und treiben ihre Späße. Zum Schluß der Auftaktveranstaltung gibt es noch folkloristische Artistik von Bani Obashwè. Handstand & Co. mit afrikanischer Musik und in Löwenkostümen. Nun ja, wenn es denn der Völkerverständigung dient.

Gegen Mitternacht verlassen wir Ludwigshafen ... oder versuchen es zumindest. Doch leider haben wir keine Chancen gegen all die Brücken und Trogstraßen und scheitern endgültig nördlich von Limburgerhof an der schwierigsten Kreuzung Deutschlands. Also Kommando zurück! Wir umfahren das Venedig der Pfalz weiträumig und können von der A6 wenigstens noch einen Blick auf die erleuchtete BASF-Industrieromantik werfen.

Mittwoch, 23. Juli 2008

Bei den Sloterdijks

Jahrespräsentation der HfG-Studenten, in diesem Jahr unter dem Motto "Sommerloch '08"! Gleich hinterm Eingang stolpern wir über eine Picknickdecke, die wohl von Handwerkern vergessen worden ist. Darauf: ein altes Kofferradio, ein Campingstuhl und noch einige andere Dinge. Wir ärgern uns über die Schlamperei, als uns auffällt, daß auch sorgfältig zusammengeknüllter Müll auf der Decke liegt. Halt! Das muß folglich schon Kunst sein! Welch brillante Komposition - gleich zu Beginn konfrontieren uns die angehenden Künstler mit unserer Erwartungshaltung! Kunst dort, wo wir nicht auf sie vorbereitet sind: meisterhaft!

Keine 50 Meter weiter stoßen wir auf ein erneutes Spiel mit unserer festgefügten Weltwahrnehmung. Die Besucher können mit einem Wischmop und weißer Farbe auf dem Boden herumschmieren, wodurch nach und nach eine Art abstrakte Collage entsteht. Jeder kann mitmachen. Kunst und Demokratie - das paßt doch eigentlich gar nicht zusammen, stellen wir erschrocken fest! Nur um wenige Augenblicke später zu einem reflektierten Urteil zu kommen: fabelhaft, wieder dieser unbedingte Mut zur Kontroverse! Sloterdijk hat seine Schüler gut im Griff.

Im 1. Stock wird es dann wahnsinnig langweilig. Wir entdecken lauter Gestaltungsentwürfe, die uns sehr gut gefallen. Unser Favorit ist ein Tischschrank, der ausschließlich aus Schubladen besteht (siehe Bild). Interessantes Design, igitt. Das kann ja wohl keine Kunst sein.

Geschäftemacherei

Aus Berliner Künstlerkreisen wird mir zur Belebung der Darmflora Yakult empfohlen - laut Eigenwerbung ein Gesundheitsgetränk, das Milliarden "Shirota-Gesundheitsbakterien" enthält. Gesundheitsbakterien, aha! Natürlich steckt hinter dem Getränk jahrhundertealtes Wissen, denn "... in Japan weiß man: Der Darm ist Sitz der Gesundheit". Sitz = Stuhl, zumindest das ist ja keine falsche Beobachtung.

Ist Yakult nun ein reiner Marketinggag oder tatsächlich ein Getränk mit medizinischer Wirkung? Man kann es drehen und wenden, wie man will: Yakult ist in jedem Fall gut fürs Geschäft.

Montag, 21. Juli 2008

Falsche Freunde

Die F.A.Z. berichtet über den Streit zwischen Facebook und StudiVZ, der nun vor Gericht landet. "Ein Vergleich der beiden Seiten zeige, dass sie virtuell identisch seien", schreibt die Zeitung für Deutschland.

Virtuell identisch? Wohl ein Übersetzungsfehler. Gemeint ist wahrscheinlich "praktisch identisch". "Virtual" gehört ebenso zu den beliebten falschen Freunden wie "eventually", das von vielen oft als "eventuell" mißverstanden wird.

Freitag, 18. Juli 2008

Der Wulff im Schafspelz

Endlich hat jemand erkannt, daß der Name des niedersächsischen Ministerpräsidenten mild-humoristisches Potential birgt - und dann ausgerechnet die F.A.Z.! Nun ist es wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis jemand die niedersächsische Staatskanzlei in "-----schanze" umtauft.

Erstaunlich, daß Wulffs jüngste Äußerungen auf soviel Resonanz stießen. Angeblich zieht es ihn ja nicht ins Kanzleramt, was im Politikerdeutsch doch aber offenbar nur soviel heißt, daß er in ein paar Jahren unbedingt Kanzler sein möchte. Denn bislang war ja ziemlich offensichtlich, daß er bundespolitische Ambitionen hat.

Dienstag, 15. Juli 2008

Leviathan schlägt zurück

Wieder ein Stück Pressefreiheit weniger. Die Bayerische Landeszentrale für neue Medien hat sich eine neue Fernsehsatzung gegeben, mit der Videoangebote im Internet erstmals genehmigungspflichtig werden, wenn sie von mehr als 500 Personen gleichzeitig empfangen werden können. Wenn sogar mehr als 10.000 Personen gleichzeitig zuschauen können, wird das Netzangebot wie ein normaler Kabelsender behandelt - mit allem Kontrollwahnsinn drum und dran.

Kurz zur Erinnerung: Die Landesmedienanstalten wurden in den 80er Jahren eingeführt, weil es für Fernseh- und Hörfunksender nur relativ wenige Sendefrequenzen gab und man den Sendern daher gewisse inhaltliche Auflagen machte, die natürlich kontrolliert werden mußten.

Nun könnte man meinen, daß es so etwas wie Frequenzknappheit im Internet natürlich gar nicht gibt und eine Kontrolle durch eine Landesmedienanstalt kompletter Unfug ist. Aber Pustekuchen: Rabenvater Staat kontrolliert, wo er kann. Leider nur nicht dort, wo er es wirklich sollte, nämlich bei den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten.

Wirklich bedrückend wird es, wenn man sich mit den orwellschen Träumen von Norbert Schneider befaßt. Mal gucken, wann der Volksinternetempfänger eingeführt wird.

Montag, 14. Juli 2008

"Irre langweilig"

Humanglobaler Zufall aus dem Hause Springer ist sicher eine der interessantesten Zeitschrifteninnovationen der letzten Jahre, auch wenn das Blatt wahrscheinlich keine große Zukunft hat: Leider ist es langweilig, schlecht geschrieben und einfallslos layoutet. Oliver Gehrs hat die Zeitschrift jetzt in seinem Videoblog aufs Korn genommen und nicht viel übrig gelassen. Kein Zufall.

Freitag, 11. Juli 2008

Hail to Bodek

Der Jazzpreis des Landes Baden-Württemberg geht in diesem Jahr zum vierten Mal in Folge an einen Karlsruher: den Schlagzeuger Bodek Janke aus New York. Im Vorjahr hatte ihn ja sein Jugendfreund Kristjan Randalu (Klavier, ebenfalls New York) bekommen, mit dem er zusammen die Grupa Randalu Janke (Sitz: New York) bildet.

Nun also Bodek. Für sein Preisträgerkonzert hatte er eine "kleine Sensation angekündigt: tanzbare Multikulti-Musik mit Jazzeinsprengseln, gespielt von seiner neuer Band global.dance.kulture, die aus zehn Musikern besteht. Weltmusik, tanzbar, zehnköpfige Band - das sind ja gleich drei Trivialitätsfaktoren auf einmal, das geht nun wirklich nicht! Stimmt, denn eigentlich sind es sogar vier: Gesang ist auch noch dabei. Und auch noch ein Didgeridoo! Trivialität mit Zusatzzahl!

Tatsächlich wird das Konzert sehr gut hörbar, auch wenn es mir an vielen Passagen eine Spur zu seicht daherkommt. Oder anders gesagt: Diese Art von Musik bekommt man auch ohne derart exponierte Musiker auf die Bühne. Am besten sind die Stellen, an denen sich die Band zurückhält und Bodek Janke und Kristjan Randalu beinahe als Duo spielen. In diesen Momenten wird deutlich, zu welchen Höhenflügen die beiden Ausnahmemusiker in der Lage sind.

Mittendrin die Überraschung des Abends: Plötzlich stehen vier badische Breakdancer der Fette Moves GbR (sic!) auf der Bühne und verrenken zur Weltmusik ihre Knochen. Das Tollhaus tobt, doch alle echten Experten fragen sich natürlich, ist das noch Hochkultur? Dafür ist die Stimmung eindeutig zu gut. Doch auch Kenner müssen Opfer bringen, und so wird gefeiert, was das Zeug hält.

Nach dem Konzert stehen Guido und ich noch an einem Weinstand, wo mir partout nicht der Name dieses tollen Hamburger Weinladens in Eppendorf einfällt. Der Name reimt sich auf irgendwas und klingt lustig, aber an mehr erinnere ich mich nach zwei Stunden Weltmusik nicht mehr. Jetzt weiß ich es wieder: Rindchen. Der Laden hat einen herrlichen Wein-Newsletter, vielleicht den besten in Deutschland.

Montag, 7. Juli 2008

Sendungsbewußtsein

Schlechte Nachrichten aus Berlin. Ausgerechnet der Deutschlandfunk hat bei Bernhard um einen Interviewtermin angefragt. Thema: seine höchst exklusive Privatuniversität. Aufhänger der Sendung ist Jarrys Pataphysik.

Erst die Ausstellung, jetzt also nationale Medienpräsenz. Nun rächt sich, daß er von Anfang auf ein falsches künstlerisches Leitbild setzte: Irrelevanz. Wie kann man sich als Künstler auch bloß auf das einzige theoretische Konzept festlegen, daß sich mit Beginn der öffentlichen Wirksamkeit selbst in Luft auflöst? Oder liegt am Ende in der Relevanz die wahre Irrelevanz? Man kann nur hoffen, daß der DLF-Mann diese und andere Fragen wenn nicht beantwortet, dann doch zumindest stellt.

Dienstag, 1. Juli 2008

Hermannshäusle

Gut Ding will Weile haben. Mit mehr als einem Jahr Verspätung setzen wir unseren Plan um, dem feinen Hermannshäusle in Blankenloch einen Besuch abzustatten. Montags und dienstags gibt es ja dort ein Wochenstartsmenü mit drei Gängen für nur 25 Euro - wer kann dazu schon Jein sagen?

Wir setzen uns also in die urige Stube und werden auch sofort bedient, denn außer uns sind nur noch drei andere Gäste im Haus - die Sommerhitze! Nach einem fruchtigen Prosecco reicht man uns einen knackigen Salat mit tollen Entenbruststreifen. Nach dem Hauptgang (Bœuf Stroganoff) dann die Überraschung des Abends: Das Dessert besteht aus frischen Erdbeeren, Holunderblütenmousse und ... Balsamico! Etwas gewöhnungsbedürftig, aber an einem heißen Tag durchaus erlaubt, finden wir.

Interessant die Weinkarte: Neben internationalen Weinen haben es auch die Klumpps ins Hermannshäusle geschafft. Gibt es noch gehobene Gastronomie in der Gegend, in der sie nicht vertreten sind?

Natürlich bleibt wie immer auch Raum für humoristische Überlegungen: Könnte man bei speziellen Rindfleisch-Skandalen nicht von "Bluff Stroganoff" sprechen? Und überhaupt, "Hermannshäusle"! Ich finde ja schon seit langem, daß "Hermann" der konsistenteste Vorname ist. Man stelle sich einen Hermann Mann vor. Wer ihn duzt, nennt ihn Herrmann - wer ihn siezt, Herr Mann. Die Mechanik funktioniert natürlich auch bei "Herbert". Bei Frauennamen ist es allerdings schwieriger. "Frauke Ke"? Gewöhnungsbedürftig!