Samstag, 31. März 2007

Soundtrack des Alltags

Ich will ja gar nicht bestreiten, daß der iPod eine feine Sache ist. Falscher Gebrauch kann jedoch zu inkongruenten Situationen mit unabsehbaren Folgen für die eigene Weltsicht führen. Beispiel: Man steht vor dem Kühlregal und überlegt, ob man einen Erdbeer- oder einen Kirschjoghurt mitnimmt. Dazu wird die Große Fuge des alten Ludwig van gespielt. Das ist zwar immerhin sein einziges zeitgenössisches Stück, aber hier findet doch ganz unbestreitbar eine Profanisierung statt! Die Frage ist nur, was profanisiert wird - die Fuge oder der Joghurt?

Schonungslos entlarvend auch folgende Situation: Man spaziert durch die Ettlinger Fußgängerzone und lauscht dabei den Klängen von Led Zeppelins Rock and Roll ...

Freitag, 30. März 2007

Chefsalat

Ich schwitze seit früher Morgenstund' für Kunde & Bruttosozialprodukt, als um kurz vor zehn eine Nachricht meines Chefs eintrudelt: er gönne sich jetzt mal eine Runde Golf, falls was sei, solle ich ihn mobil anrufen. Diese elenden Kapitalisten ...

Donnerstag, 29. März 2007

L'Ile

Endlich schaffen wir's mal ins L'Ile, den neuesten Streich des umtriebigen Libanesen Ahmad Aktae. Er hat einen alten italienischen Supermarkt in eine gemütliche Gaststube umgebaut, die ausschließlich orientalische Speisen und portugiesische Weine anbietet. Wie schon in seiner ehemaligen Imbißstube Gauner setzt der Herr auch hier auf ein einzigartiges gastronomisches Konzept und verzichtet weitgehend auf das, was einem in anderen Häusern oft den Appetit verleidet: Gäste. Dieser Ansatz bietet haufenweise Vorteile, unter anderem gute Luft, einen sehr erträglichen Geräuschpegel und lustige Gespräche mit dem Patron.

Von unseren beiden Weinen sind wir jedenfalls sehr angetan - es war bestimmt nicht unser letzter Besuch auf der Insel.

Mittwoch, 28. März 2007

Alter Schwede ...

Bernhard berichtet so beiläufig wie möglich von hochrangigen EU-Beraterinnen aus Estland, die er ausgerechnet im sozialistischen Ausland kennengelernt hat. Ich versuche zu kontern und merke genauso beiläufig an, daß ich heute abend auf einem Weinabend mit Martin Höper bin. Doch der Beeindruckungsversuch schlägt fehl. "Wer ist denn das?" - "Na, der Bassist von Magnus Lindgren!" - "Wer ist denn das?" - "Na, der schwedische Jazz-Saxophonist, der einen Grammy gewonnen hat!" - "Was ist denn Jazz?" Die letzte Frage kommt zwar nicht, aber ich hätte sie ihm beinahe zugetraut. Gott- und kulturloses Berlin, ich sage es ja immer wieder!

Andererseits - was ist denn Jazz? Die einen sagen: das, was Jazzer in den 60er Jahren gespielt haben. Die anderen deuten Jazz eher als Restschublade, in die alles reingestopft wird, was nirgendwo anders hineinpaßt. Die Wahrheit liegt wohl zeitlich und musikalisch in der Mitte. Jazz ist möglicherweise also das, was man in den 80ern in Restschubladen gesteckt hat. Oder das, was man heute in Schubladen aus den 80ern steckt. Viel einfacher zu beantworten ist hingegen die Frage, was Jazz nicht ist.

Der Weinabend wird dann erwartungsgemäß lustig. Martin erzählt, daß einige Schweden inzwischen tatsächlich "Uppsala" sagen, wenn sie stolpern. Was wäre eigentlich die deutsche Entsprechung? Laut "Wuppertal" oder "Neuruppin" rufen, wenn einem ein Mißgeschick passiert?

Montag, 26. März 2007

Comeback des Jahres

Karlsruhe kann sich vielleicht bald über eine Neubürgerin freuen: Laut Berichten der Boulevardpresse erwägt Brigitte Mohnhaupt, in die badische Metropole zu ziehen. Die Wahl ihres neuen Wohnortes wäre nicht unklug. Immerhin hat sie an der Ecke Willy-Brandt-Allee / Moltkestraße vor Jahrzehnten bereits Berufserfahrung gesammelt, außerdem lebt einer ihrer früheren Kollegen keine 30 Kilometer entfernt. Auch aus Verwaltungssicht wäre Karlsruhe praktisch: Im Falle eines Rückfalls wäre ja die Bundesanwaltschaft zuständig, die sich durch die örtliche Nähe so manche lange Dienstfahrt sparen könnte. Die Staatskassen sind leer, hier böte sich zumindest ansatzweise eine späte Chance zur Wiedergutmachung an.

Ob Frau Mohnhaupt allerdings ihrem alten Job nachgehen kann, ist fraglich: Die Karlsruher Polizei versteht schon bei Ampeldelikten und Falschparken keinen Spaß, mit Linksterrorismus alter Prägung muß man ihr vermutlich gar nicht erst kommen ...

Sonntag, 25. März 2007

Odyssee im Stadtraum

Geli und ich beschließen, mal wieder ins Kino zu gehen. Wir wollen uns Der letzte König von Schottland ansehen, den Film, für den Forest Whitaker einen Oscar bekommen hat. In der Schauburg dann die absehbare Enttäuschung: Es gibt natürlich keine Karten mehr. Spontaneität und ihre Folgen ... Hm, kein Problem, gehen wir halt in den Filmpalast am ZKM! Kaum dort angekommen, stellen wir fest, daß der nächste Film erst um Viertel vor elf beginnt, ein bißchen zu spät für uns. Notfallplan 2: ab ins Vin fou, ist ja praktisch nebenan und außerdem immer eine Reise wert. Leider hatten ca. 50 Gäste vor uns dieselbe Idee, so daß wir natürlich keinen Platz mehr bekommen. Die Abendgestaltung wird allmählich zu einem ernsthaften Problem. Jetzt müssen wir nehmen, was wir kriegen können. Wir marschieren also zur Gurke und finden dort tatsächlich zwei freie Plätze, juhu! Streng genommen hätten wir noch halb Karlsruhe mitbringen können, denn wir sind die einzigen Gäste. Aber wir bestellen tapfer ein Anstandsweinchen (Geli einen Spanier, ich einen Dornfelder) und ziehen dann weiter.

Unsere Flucht endet in der Heiligen Sophie, der Weinstube mit dem aufregendsten Internetauftritt aller deutschen Wirtshäuser. Wir belegen die Chaiselongue am Eingang und fühlen uns endlich im Abend angekommen. Nach dem ersten Schluck Wein witzeln wir fleißig hin und her, und da Geli in den letzten Wochen in kammermusikalischer Stimmung ist, erfindet sie kurzerhand eine neue Gattung: das Tritett. Es kann wahlweise als Trio für fünf Musiker oder als Quintett für drei gespielt werden. Vielleicht eine Herausforderung für unseren Stadtkomponisten?

Später stößt mehr oder weniger zufällig noch Dietmar dazu, der ernsthafte Pianist. Er möchte an diesem Samstagabend über Alfred Brendel diskutieren und greift ihn scharf an wegen dessen Werktreue. Seiner Meinung nach sei interpretatorische Freiheit die wahre Exaktheit. Liberalismus schön und gut, aber doch nicht in der Kunst! finde ich. Doch die Diskussion versandet und mit ihr ein trotz allem gelungener Abend.

Seit kurzem ist GELI übrigens ein Managementinstrument, das etwa 200 Dollar kostet.

Freitag, 23. März 2007

Partyschreck laß nach!

Nach ca. 15 Jahren sehe ich mir mal wieder den Partyschreck mit Peter Sellers an. Auf den ersten Blick hält man den Streifen für eine grandiose Klamotte, auf den zweiten dann für eine neuere Fassung von Breakfast at Tiffany's, die man mit einer irrationalen Zahl multipliziert hat. Auf den dritten Blick ist es dann wieder eine grandiose Klamotte. Inzwischen mag ich sogar das schaumige Ende. Am besten gefällt mir nach all der Zeit aber weiterhin die Badezimmerszene, die den zweitbesten Toilettenpapier-Witz der Kulturgeschichte enthält. Auf Platz 1 ist meiner Meinung nach weiterhin Heinrich Mann mit seinem Zellstoff der Marke Weltmacht.

Schau mir in die Augen, Doktor

Es ist Freitagmorgen, und man gewährt mir eine Audienz beim gelangweiltesten Augenarzt Karlsruhes. Schon beim Eintreten wird mir klar, daß Onkel Doktor in Gedanken bereits auf dem Golfplatz in Südfrankreich ist. Nur noch ein paar Stunden bis zum Wochenende, das wird doch wohl zu schaffen sein! Im Laufe des Gesprächs zwischen Arzt und Patient bemerke ich dann stetig steigenden Unmut seinerseits. An meinen Augen gibt es absolut nichts auszusetzen und damit auch nichts zu verdienen. Doch bekanntlich ist nur ein kranker Patient ein guter Patient! Also gibt er mit noch einen guten Rat mit auf den Weg: 8 Stunden Bildschirmarbeit pro Tag seien die absolute Obergrenze, und alle 30 Minuten sollte man unbedingt eine kleine Pause einlegen.

Na, wer sagt's denn - das entspricht ja perfekt den Gepflogenheiten in der Werbung ...

Donnerstag, 22. März 2007

Alle Wetter!

Schneegestöber kurz vor Ostern, das ist nun aber wirklich 100 Prozent Tollhauseffekt! Bis Ende März erbitte ich einen nachhaltigen Klimawandel. Die Wetterlage war selten unseriöser ...

Dienstag, 20. März 2007

Brrrrr

Wir haben Mitte März, und die Temperatur beträgt 2 Grad über Null - das kann doch wohl nicht wa(h)r(m) sein! Der Frühling ist eben auch nicht mehr das, was er einmal war ... Das aktuelle Wetter verdeutlicht aber die Dringlichkeit eines globalen Ländertemperaturausgleichs sowie einer verbindlichen gesetzlichen Mindesttemperatur. Wäre ja noch schöner, wenn wir uns unser Wetter vom Klima vorschreiben lassen würden!

Bei der Gelegenheit fällt mir ein Gedanke ein, den ich immer dann habe, wenn ich mit dem Fahrrad durch kalten Wind radele: Was ist eigentlich der Unterschied zwischen "grimmiger" und "klirrender" Kälte? Beides ist reichlich frisch, aber was ist kälter? Zu grimmiger Kälte gehört für mich immer auch ein Sturm, es scheint mir das Alltagswetter in Sibirien zu sein. Klirrende Kälte ist natürlich auch typisch sibirisch, aber sie zeichnet sich eher durch Stille aus - es ist so kalt, daß sogar der Schall gefriert. Und "Eiseskälte"? Darüber lachen ja die Hühner, die ist nie kälter als minus 10 bis 15 Grad.

Interessant ist, wodurch solche Sprachbilder geprägt werden. Zuviel russische Literatur im Kindesalter?

Samstag, 17. März 2007

Exobiologisches

Das Wort des Tages lautet: Kohlenstoffchauvinismus. Gestoßen bin ich darauf nach einer kleinen Recherche, die durch den außerordentlich müden Spielberg-Film Krieg der Welten angeregt wurde.

Freitag, 16. März 2007

Radel-Erlebnisse

Der Alltag steckt voller kleiner Niederlagen. Wie zum Beispiel dieser: Ich radele gemütlich die idyllische Lerchenallee entlang und sehe die ganze Zeit den vollkommen leeren Adenauerring vor mir. Kaum habe ich ihn erreicht und will ihn überqueren, wälzt sich plötzlich die größte Autoschlange von Nord nach Süd, die die Welt je gesehen hat. Grrrr.

Keine 200 Meter weiter werde ich Zeuge eines unappetitlichen Fototermins vor der Fürstlichen Grabkapelle: Corps-Studenten blicken vor dem Portal in das Zentralgestirn unseres Sonnensystems. Ist der Anblick eher lächerlich oder geschmacklos? Bis zur Ankunft zu Hause grüble ich über diese Frage nach, komme aber zu keiner Antwort.

Donnerstag, 15. März 2007

"Stich"probe

Diese herrliche Schlagzeile widerlegt eindrucksvoll das Gerücht, Psychiater verstünden keinen Spaß.

Die Freuden grenzüberschreitenden Telefonmarketings

Telefonanruf der Woche, natürlich aus Frankreich. Man möchte mich zu einer Porzellanausstellung(!) in Limoges(!) einladen, ob ich Zeit und Lust hätte? Die nette Dame am anderen Ende spürt natürlich sofort meine Überraschung und wittert ihren Sieg. Aber ich fange mich und finde gerade noch rechtzeitig die einzig angemessene Antwort: Ob es denn um die Eröffnungsrede ginge? Und worüber ich sprechen solle?

Schweizer Käse

Wer die Schweiz bislang für einen Hort der Stabilität und des Friedens gehalten hat, sollte umdenken. Die Eidgenossen folgen nun nämlich dem Vorbild renommierter Schurkenstaaten und greifen harmlose Nachbarländer militärisch an. Hier die Details.

Dienstag, 13. März 2007

The Great Global Warming Swindle

Nun habe ich ihn mir endlich einmal selbst angesehen, den Film The Great Global Warming Swindle. Er bringt keine neuen Infos, leidet unter einigen obskuren Interviewpartnern und wird zum Schluß beinahe unerträglich pathetisch, aber trotzdem sollte man ihn gesehen haben. Die Treibhauseffekt-Debatte wird meiner Meinung nach allmählich einfach zu gefährlich, als daß man sie ignorieren könnte. Immerhin zwei Punkte arbeitet der Film gut heraus:

1. In der Debatte geht es weder um Wissenschaft noch um Umweltschutz, sondern um handfeste politische und wirtschaftliche Interessen. Gleich mehrere gesellschaftliche Gruppen benutzen sie als politische Aktie, deren Wert gerade kräftig steigt.

2. Wenn man die Warnungen der Treibhausfraktion ernst nähme, müßten Milliarden Menschen darunter leiden. Dummerweise ausgerechnet die Ärmsten der Armen.

Leider geht das aus meiner Sicht wichtigste Argument gegen die Treibhaushysterie im Film etwas unter: Es gibt keine einzige belastbare Klimaprognose, die sich über Jahrzehnte als richtig herausgestellt hat. Die besten Gesprächsbeiträge im Film kommen meiner Meinung nach von Patrick Moore, dem Greenpeace-Abtrünnigen. Wenigstens wegen ihm sollte man sich die 75 Minuten Zeit nehmen.

Montag, 12. März 2007

Meinungsfreiheit auf Ägyptisch

Was ist eigentlich von einer Religion zu halten, die die Weltherrschaft fordert, aber gleichzeitig gegen Blog-Artikel von 22jährigen Studenten geschützt werden muß? Und deren Angehörige menschenverachtend reagieren, wenn jemand schreibt, daß sie menschenverachtend reagieren? Nicht übermäßig viel. Das wird dem armen Abd al-Karim Nabil Suleiman leider nichts bringen, denn er muß nun für 4 Jahre ins Gefängnis.

Wenn die Gebrüder Grimm gewußt hätten, welchen Einfluß Märchen im 21. Jahrhundert noch haben!

Ei der DAU

Jeder, der ein bißchen Erfahrung mit Computern hat, weiß:
Software verursacht einen Haufen Probleme.

Jeder, der ein bißchen mehr Erfahrung mit Computern hat, weiß:
Anwender verursachen einen Haufen Probleme.

Die PC-Experten haben darum den schönen Begriff "DAU" geprägt, der für "Dümmster anzunehmender User" steht. In der Regel umfaßt er genau die Gruppe von Computerbenutzern, die selbst einfachste Software nicht begreift, also etwa 90 Prozent.

Das Gegenteil des DAUs ist der Systemadministrator. Viele Systemadministratoren sind schlimme Besserwisser, und die allerschlimmsten Systemadministratoren sind Besserwisser, die mit ihrer Besserwisserei leider fast immer recht haben.

Ein Beispiel für diese Spezies ist Tom.

Heute hatte ich ihn wieder mal in höchster Not zu Hilfe gerufen, weil ein schwerwiegendes Problem bei einer Datenbank auftrat. Grrrr, diese verdammte Datenbank! Immer hat man Ärger mit ihr. Nun ja, durch ein paar Analysen konnte Tom schnell nachweisen, daß das Problem nicht bei der Datenbank lag, sondern bei ... Nun, man kann sich das denken. Wenn man mit Systemadministratoren zu tun hat, kann man sich dummerweise nie herausreden. Alles wird kontrolliert, am Ende kommt alles ans Tageslicht.

Toms Name auf der Spieleplattform Little Golem lautet Technolion (bitte englisch aussprechen). In Zukunft werde ich ihn nur noch Controlion nennen. Das wird dann natürlich deutsch ausgesprochen, also wie "Petroleum". Strafe muß sein.

Samstag, 10. März 2007

Der Tollhauseffekt

Den deutschen Medien ist es schon immer schwergefallen, zu aktuellen Nachrichten und Themen vernünftig Stellung zu beziehen. Ein großes Problem liegt in der sogenannten Kollegenorientierung: Journalisten schauen oft darauf, was andere Journalisten so schreiben, vor allem die von Prestigeblättern. Und so kann es dann schnell zu uniformer Berichterstattung kommen. Vor allem bei Themen, die eigentlich viel Gehirnschmalz und Recherchezeit erfordern - zwei Ressourcen, die deutschen Journalisten in immer geringerem Maß zur Verfügung stehen.

Selten war der Irrsinn aber größer als derzeit beim Lieblingsphänomen aller Alarmisten, dem Klimawandel. Beim Blick in F.A.Z. oder Spiegel bekommt man den Eindruck, die Welt stünde vor einer gigantischen Katastrophe. Statt die Analysen und Prognosen der Klimaforscher kritisch zu hinterfragen, wird munter jeder Quatsch abgedruckt, den man in die Finger bekommen kann. Mit der Folge, daß gegenüber der Politik enormer Handlungsdruck aufgebaut wird. Die EU hat sich jetzt ja verpflichtet, bis 2020 ihre CO²-Emissionen im Vergleich zu 1990 um 20 Prozent zu verringern. Am Weltklima wird diese Entscheidung nicht das Geringste ändern, dafür aber sehr viel Geld kosten. Dieses Geld steht dann höchstwahrscheinlich für sinnvollen Umweltschutz nicht mehr zur Verfügung.

Wer sich länger als 5 Minuten mit Statistik beschäftigt hat, weiß, daß sich jedes Phänomen leicht modellieren läßt, wenn man das Modell nachträglich konstruiert. Wenn also ein Klimaforscher im Jahr 2007 ein Modell vorstellt, das das Klima der letzten 30 Jahre gut abbildet, liegt der Erkenntnisgewinn bei null. Wenn er aber im Jahr 2007 ein Modell vorschlägt, das das Klima der nächsten 30 Jahre abbildet, sieht die Sache schon ganz anders aus.

Nun die Preisfrage: Wieviele Klimamodelle aus den 70ern haben die Temperaturentwicklung der letzten 30-35 Jahre richtig vorhergesagt? Lösung: kein einziges. Und ob die heutigen Klimamodelle besser sind, werden wir erst in einigen Jahrzehnten wissen. Unsere Journalisten tun aber so, als hätten wir bereits Gewißheit. Und daß sich die Klimaforscher höchstens sporadisch mit anderen Einflußgrößen wie der Sonnenaktivität befaßt haben, interessiert die Medien ebenfalls nicht. Das ist bestenfalls grob fahrlässig.

In England ist man vielleicht schon einen Schritt weiter, wenn auch nur einen kleinen. Der (halb-)öffentlich-rechtliche Sender Channel 4 hat jetzt den (sehr kontroversen) Film The Great Global Warming Swindle vorgestellt, der wohl als Antwort auf Al Gores An Inconvenient Truth zu verstehen ist.

Vielleicht kann er ja dazu beitragen, die Debatte zu versachlichen. Etwas mehr Skepsis kann bestimmt nicht schaden.

Freitag, 9. März 2007

Panoptikum des urbanen Lebens

Bei einer Suppe erzählt mir Lena von ihrem aktuellen Projekt: Sie fastet, jedenfalls ein bißchen. Denn sie verzichtet nicht auf Nahrung generell, sondern nur auf Süßigkeiten - dies allerdings mit schärfster Konsequenz. Anschließend schlendern wir wie üblich zur Coffee Box. Während ich noch ihre Disziplin bewundere, bestellt sie eine heiße Schokolade, deren Milchschaum verdächtig nach Sahne aussieht. Studenten und Kongruenz, ein leidiges Thema!

Kurz darauf in der Kaiserstraße entdecke ich vier Gestalten, die zur Freude der Passanten lustigen Gypsy-Jazz spielen. Kein zwei Minuten später rauscht ein Mannschaftswagen der Polizei vorbei und löst die unangemeldete Musikdarbietung auf. Warum schicken sie nicht gleich ein Überfallkommando? Immerhin können Klarinetten und Gitarren durchaus als Hieb-, schlimmstenfalls vielleicht sogar als Stichwaffen eingesetzt werden.

Knapp 50 Meter springt mich eine unverschämte Werbegöre an und behauptet, daß Fitness "doch sicher ein wichtiges Thema" für mich sei, oder? Werbung ist irgendwie unappetitlich.

Organisiertes Versprechen

Im Briefkasten finde ich einen anonymen Drohbrief, der mir das Blut in den Adern gefrieren läßt. Auf dem Umschlag kleben ausgeschnittene Buchstaben, im Inneren steckt ein rotgetränktes Taschentuch mit einer Gummiheuschrecke. Absender: "Münte".

Wer kann bloß hinter dieser Teufelei stecken? Mein erster Verdacht fällt natürlich auf den Zinker, der allerdings ein wasserdichtes Alibi hat: Er weilt derzeit auf Kuba. Dann ahne ich, woher der Wind weht. Offenbar ist die Karlsruher Zockermafia hinter mir her, und zwar in Person eines ihrer Paten, den man hier nur "Primadonna" nennt. Primadonna ist in der ganzen Stadt gefürchtet für seine eiskalte Geschäftemacherei. In einem Handel mit mir machte er einst die sagenhafte Rendite von 1.900 Prozent, ohne mit der Wimper zu zucken. Nun möchte er wohl noch mehr aus mir herauspressen. Die Heuschrecken fallen ein ...

Donnerstag, 8. März 2007

Ich war's nicht

Ich werde am hellichten Tage beim faulen Spazierengehen in Rinklingen beobachtet - und das als Selbständiger! Danni ist empört. Völlig zu recht, wie ich meine. Ich bin kurz davor, meine Schuld zu gestehen, als ich mir die Sache noch einmal durch den Kopf gehen lassen. Wo um Himmels willen liegt Rinklingen? Genauere Recherchen ergeben, daß es sich um einen Vorort der Melanchthon-Stadt Bretten handelt. Ich war allerdings schon mindestens ein Jahr nicht mehr in Bretten und folglich auch nicht in Rinklingen - Alibi gesichert. Habe ich einen Doppelgänger?

Mittwoch, 7. März 2007

Tierisch

Die Pfalz ist für alles Mögliche bekannt: gemütliche Winzer, Obst- und Gemüsehöfe, Birne und Kurt Beck. Nur wenige aber wissen, daß die Pfalz auch ihre glamourösen Seiten hat. Keine 5 Kilometer von Kandel befindet sich eine der wichtigsten Ausbildungsstätten der deutschen Filmwirtschaft. Die Filmtierschule Zimek bereitet Katzen, Hunde und andere Viecher auf ihren großen Einsatz im Fernsehen oder im Kino vor.

Lustig ist der Name des Ortes, in dem die Schule ihren Sitz hat: Minfeld. Beim Betreten hat man stets ein mulmiges Gefühl ...

Dienstag, 6. März 2007

David gegen Go-liath

Eine Unmöglichkeit ist geschehen - ich habe ein Go-Match gegen einen 10-Kyu-Spieler gewonnen! Mir ist vollkommen schleierhaft, wie das passieren konnte. Normalerweise hat ein 18er-Kyu-Würstchen wie ich gegen einen so viel besseren Spieler nicht den Hauch einer Chance. Vielleicht lag es an meiner extrem defensiven Eröffnung. Normalerweise hätte mein Gegner als Schwarzer viel aggressiver spielen müssen, immerhin mußte er ein Komi von 5,5 aufholen.

Sonntag, 4. März 2007

Spielenachmittag

Wir treffen uns mal wieder zu einem Spielenachmittag bei Anja. Nach einer Aufwärmrunde Sticheln kann ich die anderen völlig überraschend zu einem Klassiker überreden, der sonst praktisch nie auf den Tisch kommt: Intrige. Bei diesem Spiel geht es darum, Gelehrten möglichst lukrative Posten an Fürstenhöfen zu verschaffen. Dazu trifft man mit den anderen Spielern Vereinbarungen: "Ich schicke meinen Chemiker auf Deine 6.000-Dukaten-Stelle, und dafür bekommt Dein Theologe meinen 6.000-Dukaten-Job - O.K.?" Das Schöne: Man muß sich nicht an die Vereinbarungen halten. Am Ende gewinnt derjenige, der die anderen am glaubhaftesten belügt. Also Doris.

Was mich an Intrige immer wieder fasziniert, ist die Tatsache, daß oft der ehrlichste Spieler gewinnt. Für Kinder und Jugendliche ist es also völlig ungeeignet, sie bekommen sonst ja eine vollkommen falsche Vorstellung von der wahren Geschäftswelt.

Anja hat übrigens gerade einen vierbeinigen Mitbewohner: Lionel, einen überaus schlecht erzogenen Foxterrier, dessen Name auch noch auf O betont wird. Roger und ich sind uns ausnahmsweise mal einig - wir haben selten einen neurotischeren Hund erlebt. Anja muß ihn glücklicherweise nur noch eine Woche ertragen, dann kommen seine Besitzer aus dem Urlaub zurück.

Samstag, 3. März 2007

Badriotismus

Das Karlsruher Fächerbad dürfte das Lieblingsschwimmbad aller Beamten sein. Die Eintrittspreise des Hauses sind nämlich dermaßen kompliziert und unverständlich, daß praktisch niemand den jeweils gültigen Preis herausfinden kann. Kleine Aufgabe: Wieviel muß man bezahlen, wenn man am Montag von 9 bis 11 Uhr schwimmen gehen möchte und keine Bonuskarte besitzt - dafür aber eine rote Badehose? Und wieviel, wenn man statt dessen einen gelben Badeanzug trägt? Alle wichtigen Angaben zur Lösung finden Rätselfreunde hier.

Mir ist es nach mehr als 6 Jahren endlich gelungen, eine Jahreskarte für Abendschwimmer zu erstehen (73 Euro - vermute ich zumindest), und so ziehe ich mal wieder gemütlich meine Runden. Selbstverständlich erst nach 21 Uhr - vorher ist es meist viel zu voll im Becken. Nach der Planscherei stoße ich im Umkleidebereich auf eine Horde grölender Halbstarker und fürchte das Schlimmste. Ich höre nur heraus, daß man demnächst noch zur "Tanke" möchte. Alkoholhaltige Getränke abends bei Aral kaufen, das ist mal wieder typisch für unsere verdorbene Jugend! Doch plötzlich kippt die Stimmung. Es geht gar nicht um Bier, sondern um Lutscheis! Die jungen Herren diskutieren detailliert und durchaus sachlich die Vorzüge verschiedener Sorten und einigen sich schließlich auf Nogger Choc. Dann stimmen sie ganz unvermittelt einen Lobgesang auf Karlsruhe ein, und zwar gar nicht mal unmelodisch!

Ehrliche Zufriedenheit, das Fundament badischen Selbstverständnisses. Und warum auch nicht! All diese Jugendlichen werden einen Ausbildungsplatz erhalten, einige werden an der Eliteuni KA studieren, und einige werden sich mit einer Softwarefirma selbständig machen und reich werden.

Vielleicht sind die Eintrittspreise des Fächerbades ja strategisch gedacht. Wer bereits früh im Leben analytisch herausgefordert wird, hat später mehr Erfolg im Leben. Nach PISA ist eben alles pädagogisch.

Freitag, 2. März 2007

Elektronisches zur Nacht

Elektronikabend im Jazzclub. Das Trio 2nd Outlet produziert merkwürdige Geräusche. Man kann die Klänge auf der Bühne mit demselbem Recht Musik nennen, wie man Gras zu den Nahrungsmitteln zählen kann. Das ist ja alles nicht uninteressant, aber sowas hat man doch auch vor 20 Jahren schon gespielt? Im ZKM habe ich jedenfalls schon weitaus Experimentelleres gehört. Die SWR-Jazzredaktion scheint allerdings zufrieden zu sein und schneidet fleißig mit, Ausstrahlung irgendwann im Mai.

Boris und ich nutzen die Zeit bestmöglich und plaudern über ein nicht gänzlich anderes Thema, nämlich Wildschweinjagd in Berlin.

Komm, geh fort!

Na sowas, in der Karlsruher Stadtwiki gibt es inzwischen ja sogar ein Mundartlexikon! Daß der europaweit renommierte Kulturstandort Unteröwisheim "Unnaroise" ausgesprochen wird, wußte ich schon länger, aber der "Schnoogebobbl" ist mir neu. Hajo, so isch's halt gworre ...

Donnerstag, 1. März 2007

Weinstube Bundschuh

Über Grötzingen müßte man eigentlich nicht viel erzählen, gäbe es dort nicht die Weinstube Bundschuh. Sie gehört zum Durlacher Sternelokal Zum Ochsen und wird vom Elsässer Bernhard Helf betrieben, der sein Wild praktischerweise gleich selbst schießt (übrigens irgendwo in der Nähe von Bitche). Das Besondere am Bundschuh ist das Gebäude. Es wurde im Jahr 1453 errichtet und gehört damit ganz offiziell zu den ältesten Häusern Karlsruhes. Durchaus bemerkenswert, weil die badische Metropole ja erst 1715 gegründet wurde!

Wir waren jedenfalls schon nicht lange mehr da und finden, daß es mal wieder Zeit für eine heimelige Zusammenkunft bei Speis und Trank ist. Und so finden sich die Weinfreunde Stefan, Andrea, Michael, Günther und ich an Tisch Nummer 1 ein, gleich neben dem Eingang. Noch gemütlicher wäre wohl Tisch Nummer 2, aber der bietet bedauerlicherweise nur zwei Gästen Platz - das wäre wohl etwas zu knapp für uns, jedenfalls vor dem Genuß entsprechender Mengen Wein.

Bis auf Stefan bestellen wir alle Hirsch, zu dem der Patron einen zurückhalten Bordeaux aus Saint-Estèphe empfiehlt. Eine Spur zu zurückhaltend, findet glücklicherweise auch Günther - und der muß es seit zwei Wochen ja eigentlich wissen. Beim Dessert entscheide ich mich dann aus Gewohnheit für die unwiderstehliche Crème brûlée. Besser kann man sie in Karlsruhe kaum bekommen, auch wenn sie diesmal vielleicht eine Spur mehr Wärme vertragen könnte.

Apropos Wärme: Gegen Ende des Abends entbrennt eine hitzige Debatte, wo man denn nun am schönsten Weine trinken könne, in Grötzingen oder doch in Durlach? Wir kommen zu einem salomonischen Urteil. Das LetscheBacchus in Durlach ist weiterhin die gemütlichste Weinstube der Stadt, der Bundschuh aber sicher die urigste.