Björn löst sein Geburtstagsgeschenk ein: einen Tag im Kletterpark in Kandel. Die Aufgabenteilung in unserer Gruppe ist klar: Während die anderen in 10-15 Metern Höhe herumkraxeln, soll ich von unten die peinlichsten Momente fotografisch festhalten. Angstverzerrte, schreckensbleiche Gesichter - darauf bin ich aus. Doch leider kommt erstens alles anders, und zweitens als man denkt.
Nachdem sich alle mit Helm und Klettergeschirr ausgerüstet haben, trennt sich die Gruppe. Günther wählt die Seilrutsche und damit Parcours 9. Anke, Björn und Alex sind etwas vorsichtiger und entscheiden sich für die vergleichsweise harmlose Wackelbrücke über die Straße. Keine 2 Minuten später stellen sie jedoch erschrocken fest, daß es sich um den etwas kniffligeren Parcours 11 handelt. Tja, Vorsicht ist eben nicht immer die Mutter der Porzellankiste. Sondern manchmal auch die Tante oder gar die Großnichte.
Leider wollen mir während der Kletterei nicht die gewünschten Schnappschüsse gelingen. Alle bewegen sich beeindruckend professionell und zielstrebig durchs Geäst. Meine Enttäuschung ist groß, bis nach den 3 Stunden im Kletterpark das Gespräch irgendwie auf Dekadenz kommt. Alex gelingt mit einem kleinen Satz der große Wurf: "Nur reiche Länder können es sich noch erlauben, Müll wegzumschmeißen". Ich weiß bis heute nicht, ob der Gedanke unsinnig oder genial, empirisch oder fiktiv ist, aber immerhin rettet er mir den Tag.
Nach Zwischenstationen im Litfaß und bei Carlos beschließen wir den Tag mit Sponti-Kultur: Das Tübinger Harlekin-Theater präsentiert im Jubez seine Theatersportliche Impro-Show. Am besten gefällt mir das improvisierte Shakespeare-Stück Die Enterbung über einen Ritter, der nach langer Zeit in seine Heimat zurückkehrt und der rechtmäßigen Königin wieder auf den Thron hilft. Sie weint auf shakespearischste Art und Weise, und er fragt ebenso: "Was netzest Du Dein Aug'?" Natürlich kann es auch auf der Bühne keine Spontaneität ohne perfekte Vorbereitung geben, aber das Erstaunliche ist, daß man es der Truppe praktisch nicht anmerkt.
Björns Besuch endet am Sonntag mit einem Frühstück im Cielo in Durlach. Wir erleben weder eine Enterbung noch sonstige Machtspiele zwischen Königen, dafür aber ein Drama in besonders kleinem Stil: Die Bedienung hat mir die Nutella auf den Teller gelegt, die doch eigentlich Björn bestellt hat! Man muß das Auge nur für die richtigen Probleme schärfen, dann lebt man im allgemeinen ganz hervorragend.