Dienstag, 27. Februar 2007

Top oder (Tera-)Flop

Karlsruhe hat nicht nur eine Eliteuni, sondern seit neuestem sogar auch den drittschnellsten Computer Deutschlands. Seine theoretische Spitzenleistung liegt bei 15,6 TeraFLOPS. Ganz billig war das Ding nicht. Der Spaß hat rund 57 Millionen Euro gekostet, wovon allerdings nur 11,6 Mio. Euro auf den Computer selbst entfielen. Der Rest verteilt sich auf das Drumherum: Gebäude, Kühlsysteme, Betrieb ...

Karlsruhe wäre aber nicht Karlsruhe, wenn man nicht einen angemessenen Namen für den neuen Computer gefunden hätte: Landeshöchstleistungsrechner.

Sonntag, 25. Februar 2007

Beware of revelations

Gott sei Dank: Endlich gibt es den Koran als deutschsprachiges Hörbuch. Nun steht der Bekehrung von uns Ungläubigen nichts mehr im Wege. Gottes Wort in unseren Ohren!

Gottes Wort? Nehmen wir spaßeshalber mal an, der Prophet Mohammed habe anno Tobak tatsächlich die wörtliche Offenbarung von Allahs Willen erhalten. Später hätten aber einige Scherzkekse die Überlieferung verfälscht und den Koran hier und da mit ein wenig Ketzerwerk angereichert. Millionen Moslems würden heute schrecklicherweise einem Irrglauben anhängen, ohne es zu merken. Denn niemand kann ja prüfen, ob der heutige Koran und der aus dem Jahr 610 irgend etwas miteinander zu tun haben. Und schlimmer: Niemand kann prüfen, ob der Koran des Jahres 610 irgend etwas mit Mohammeds Offenbarung zu tun hat.

Dieses Argument ist mir zum ersten Mal bei Rousseau über den Weg gelaufen. Im Grunde sagt es, daß Offenbarungsreligionen immer Fälschungen sein können. Selbst dann, wenn man die Existenz Gottes und einen Offenbarungsakt annimmt. Natürlich gilt das Argument nicht nur beim Koran, sondern bei allen Offenbarungsreligionen.

Einigen mag es zunächst recht weich erscheinen; ich finde aber, daß es ein außerordentlich überzeugendes Argument ist. Wer es noch eine Spur härter wünscht, sollte Anhänger des Fliegenden Spaghettimonsters werden.

Samstag, 24. Februar 2007

Der Zug ist abgefahren

Schlechter Service ist meistens ärgerlich, manchmal aber auch eine Quelle der Heiterkeit. Bestes Beispiel: die Deutsche Bahn. Ist es denn nicht einfach konsequent, wenn man Antwort-E-Mails von denen nur mit erheblicher Verspätung erhält? Alle fordern Konsistenz, und ausgerechnet die Deutsche Bahn soll im Service von ihrem sonstigen Stil abweichen?

Diesmal hat es ganze vier Wochen gedauert, bis man mir Auskunft erteilte. Ich wollte wissen, ob ich noch rechtzeitig von meiner BahnCard 25 auf eine BahnCard 50 umsteigen kann. Antwort: Ja, es geht. Dummerweise hat man mir die 25er in der Zwischenzeit längst zugeschickt.

Freitag, 23. Februar 2007

Vom Nutzen der Enkel

In der Agentur gibt es mal wieder Ärger. Erheblichen Ärger sogar, wie mir scheint. Da ruft zufällig Methodenpapst Alex an, wie immer genau im richtigen Augenblick. Ihm sei vor Jahren der entscheidende Gedanke gekommen, wie sich vermeintlich große Probleme methodisch sauber relativieren ließen. In der Küche sei ihm einst ein Ei auf den Boden geflogen, und er habe sich zunächst sehr geärgert. Dann habe er sich aber gefragt: Werde ich's meinen Enkeln erzählen? Und die Antwort gefiel ihm.

Werde ich noch meinen Enkeln von dem Fehldruck erzählen? Wohl eher nicht. Vor allem, weil sich inzwischen herausgestellt hat, daß vermutlich jemand anders die Verantwortung dafür trägt, juhu!

Mittwoch, 21. Februar 2007

Wort-Fasten

Ich muß ja immer an eine Straßenlaterne denken. Beziehungsweise an das Geräusch, wenn man mit dem Kopf schwungvoll dagegenläuft: XING. Früher hieß die Webseite OpenBC. Seit man aber den Weltmarkt und Millionen chinesischer Kunden im Blick hat, gibt man sich eine Spur internationaler. Der Haupteffekt der Namens- und Designänderung scheint allerdings zu sein, daß kaum noch jemand den Dienst nutzt. Ob das beabsichtigt war?

Heute finde ich jedenfalls mal wieder eine Nachricht in meinem XING-Konto. Eine engagierte Kommunikationsberaterin schickt einen Rundbrief, in dem sie zu einer Wort-Fastenzeit einlädt. Meetings wären ja immer zu lang, und überhaupt würde geschäftlich viel zu viel herumgeschwallt. Weniger Text sei mehr! Auch in E-Mails. Bitte keine Wortmonster mehr, weg mit den Floskeln! Und so weiter und so fort. Ich habe mal nachgezählt: Ihre E-Mail bestand aus mehr als 5.600 Zeichen ...

Apropos performativer Widerspruch: Laut Oberspaßvogel Habermas tritt ein solcher ein, "wenn eine konstative Sprachhandlung 'Kp' auf nicht kontingenten Voraussetzungen beruht, deren propositionaler Gehalt der behaupteten Aussage 'p' widerspricht". Na bitte.

Lustiger kann man sich über das Thema natürlich bei meinem alten Kumpel Doug informieren, von dem in Kürze endlich ein neues Buch erscheint: I Am A Strange Loop. Frage des Tages: Worauf bezieht sich das "I" - auf Doug, den Leser, das Buch, den Titel des Buches oder noch auf etwas ganz anderes?

Ich tippe ja darauf, daß das "I" sich auf den Gedanken bezieht, ob der Titel sich auf Doug, den Leser, den Titel des Buches oder noch auf etwas ganz anderes bezieht. Aber bei Douglas Hofstadter weiß ja niemand so genau, was Sache ist, er vermutlich am allerwenigsten.

Montag, 19. Februar 2007

Metropolen der Welt ...

... schaut auf diese Stadt! Die Karlsruher Messe- und Kongress-GmbH hat nun also endlich einige Imagespots produzieren lassen. Besonders schön ist ein Satz aus dem Einstiegsfilm: "Karlsruhe kann sich mit den Metropolen der Welt messen". Gut gebrüllt, Maus.

Sonntag, 18. Februar 2007

Weinzigartig

Was spricht dafür, nach Strasbourg zu reisen? Der beste Grund ist natürlich, wenn man einen der knapp 800 bequemen Sitze im Europäischen Parlament ergattert hat und sich alle zwei oder drei Monate zu einer Sitzung in die Europastadt begeben muß. Einmal pro Jahr sollten aber auch Normalsterbliche nach Strasbourg fahren, nämlich zum Salon des Vins der unabhängigen Winzer Frankreichs.

Günther hat sogar irgendwie kostenlose Eintrittskarten aufgegabelt, und so machen wir uns an diesem schönen Sonntagmorgen auf den Weg ins Elsaß - in charmanter französischer Begleitung: Karin und Chantal haben den Salon bereits öfter besucht und kennen einige der ausstellenden Winzer. Das kann ja heiter werden.

Der erste Eindruck in der Messehalle ist überwältigend. Knapp 600 Winzer aus allen Weinregionen Frankreichs bieten ihre Erzeugnisse an, hinzu kommen zahlreiche Imbißstände mit Käse, Foie gras oder Schinken. Wie soll man sich da bloß zurechtfinden? Ganz einfach: indem man abwechselnd auf Karin oder Chantal hört. Und so arbeiten wir uns in stetig steigender Stimmung durch die Weinschätze Frankreichs. Besonders angetan sind wir vom Jurançon Sec der Domaine du Cinquau aus dem Armagnac. Der einfache 2004er (8,60 Euro) hat die Silbermedaille der Unabhängigen Winzer bekommen, aber noch besser gefällt uns sein großer Bruder (12,10 Euro), der im Eichenfaß ausgebaut wurde.

Kurze Zeit später stoßen wir ganz zufällig auf einen echten Geheimtip, den Château Puy Bardens 2003. Für 8,15 Euro erhält man einen ganz erstaunlichen Bordeaux - wenn man sich für die Cuvée Prestige entscheidet. Die Sensation des Tages ist für uns aber der Arbois Blanc der Domaine Martin Faudot. Die Rebsorte Savagnin wird leider kaum noch angebaut, scheint aber unserem Gewürztraminer zu ähneln. Hier im Arbois Blanc wirkt sie bananig-brotig und wirklich außergewöhnlich. Sage noch einer, Jura sei langweilig! Leider gelingt es Günther nicht mehr, noch einen Karton zu ergattern - wer zu spät kauft, den bestraft das Leben. Da müssen wir im nächsten Jahr wohl wieder nach Strasbourg ...

Samstag, 17. Februar 2007

Heute ist Samstag

In Karlsruhe stehen mal wieder die Händel-Festspiele an, und die ganze Stadt ist mit Werbeplakaten zugepflastert. Wie in jedem Jahr kommt mir Friedrich Jahn in den Sinn, der legendäre Gründer der Imbißkette Wienerwald. Hätte der nicht regelmäßig Hendl-Festspiele veranstalten können? Er war doch sonst so umtriebig in der Werbung, man denke nur an seinen legendären Slogan: "Heute bleibt die Küche kalt, wir gehen in den Wienerwald". Ein geflügeltes Wort, das zugleich irgendwie ja auch ein Geflügelwort ist.

Nach einem halben Dutzend Plakaten und entsprechend vielen Assoziationen bekomme ich tatsächlich Appetit und beschließe, nach langer Zeit mal wieder ins Weinbrenner zu gehen - ein Restaurant-Café, das von sich selbst glaubt, das erste Haus am Platz zu sein. Und das ist es ja auch, jedenfalls zumindest am Marktplatz. Das Raumkonzept hat mir allerdings von Anfang an gefallen: vorn der Restaurantbereich, in der Mitte das Café, ganz hinten dann eine Barlandschaft mit Piano.

Das Problem des Weinbrenners war allerdings schon immer der inoffizielle Wettbewerb, den es sich mit den Badischen Weinstuben im Botanischen Garten lieferte: Wer bietet den schlechtesten Service der Stadt? Lange Zeit lagen die Badischen Weinstuben vorn, doch inzwischen scheint das Weinbrenner aufgeholt zu haben. Zwei der Sessel an meinem Tisch haben riesige Kaffeeflecken, und auf den anderen beiden liegen noch Brötchenkrümel, womöglich vom Frühstück. Unerfreulich, aber kann ja mal passieren.

Immerhin muß ich auf meine Bestellung kaum warten. Sowohl dem Milchkaffee als auch dem Nußkuchen merkt man allerdings an, daß Karlsruhe in einer Weingegend liegt: Mein angeblich "großer" Milchkaffee hat rund ein Viertele zu wenig Inhalt, und der Kuchen orientiert sich an den Gepflogenheiten des modernen Weinausbaus - er ist trocken.

Fazit: 6,50 Euro kann man durchaus besser investieren.

Freitag, 16. Februar 2007

Musik zum (Alb-)Träumen

Auf YouTube findet man wirklich alles, sogar das Schlippenbach Trio. Also, wer mal reinhören möchte - voilà.

Treibhauseffekt, Teil 3

Es war ja abzusehen. Die Treibhauseffekt-Debatte ist inzwischen selbst so hitzig geworden, daß man sie nur noch als politisches oder ideologisches Phänomen betrachten kann. Die Last wissenschaftlicher Redlichkeit hat sie längst abgeworfen. Vernünftige Argumente oder gar Entscheidungen sind auf absehbare Zeit wohl nicht mehr zu erwarten. Auf uns alle kommt also wahrscheinlich eine Menge Pseudo-Umweltschutz zu.

Um so erfreulicher, wenn es ab und zu doch noch besonnene Beiträge gibt - wie zum Beispiel diesen NZZ-Artikel des Münchner Zoologen Josef Reichholf.

Donnerstag, 15. Februar 2007

Die Pyromanen

Im Jazz ist bekanntlich alles möglich, aber die heutige Ansage ist schon ein starkes Stück. Die Klarinettistin des Pyroman Duos wird nämlich mit folgenden Worten angekündigt: "An der Tröte - Annette Maye". Vielleicht ist es Respektlosigkeit. Vielleicht aber auch einfach die Tatsache, daß jene Annette die Schwester eines unserer Programmchefs ist ...

Während des Trötenkonzerts philosophiert unser CERN-Kontaktmann Torsten über den Realitätsbegriff der Physiker. Seiner Meinung nach sollte man nicht zu sehr über die Realität nachdenken, da sie einem bei der Lösung von Alltagsproblemen nicht weiterhelfe. Möglicherweise wird die Realität einfach überschätzt. Oder der Alltag. Oder die Probleme.

Spieglein, Spieglein ...

Spiegel online hat neulich in typischer Naivität über eine äußerst fragwürdige Studie berichtet. Nachdem es offenbar Proteste hagelte, betreiben die Hamburger nun Geschichtsumdeutung: Man habe die Studie ausführlich krisitiert.

Das ist natürlich nicht die ganze Wahrheit. Der Spiegel hat wie so oft Kokolores veröffentlicht, der von fast jedem als solcher zu erkennen war. Ein ernsthafter Journalist hätte diesen Mist niemals gebracht. Und nun behauptet der Spiegel wie so oft, er hätte es von Anfang an besser gewußt.

Gegen Bild gibt es bildblog.de, was gibt es gegen den Spiegel?

Chuzpe

Wie dreist muß man sein, um folgende Werbemail zu verschicken? "Sicher sind auch Sie mit 1&1 DSL zufrieden - so wie über 2 Millionen weitere 1&1 DSL-Kunden. Kein Wunder, denn bei 1&1 bekommen Sie wirklich Spitzenleistungen zum günstigen Preis".

Zufrieden mit 1&1? Spitzenleistungen? Wovon reden die? Zur Erinnerung: 1&1, 1&2, 1&3 und 1&4.

Mittwoch, 14. Februar 2007

Häresie

Ich habe keine Ahnung, ob die Untertitel ihre Worte richtig wiedergeben, aber falls ja, dürfte sich diese Dame in der moslemischen Welt nicht allzu viele Freunde gemacht haben.

"Die da oben"

Gespräch zweier älterer Herren in der Straßenbahn. "Die da oben" hätten Geld für protzige Krankenkassen-Verwaltungsgebäude, aber nicht für die Karlsruher U-Strab. Außerdem hätten "sie" die Renten seit drei Jahren nicht mehr erhöht.

Es wird höchste Zeit für einen Wählerführerschein.

Dienstag, 13. Februar 2007

Ffm - KA

Nach einem anstrengenden Arbeitstag stehe ich abends auf dem Frankfurter Bahnhof. Für die Rückfahrt hat mir der Fahrscheinautomat einen ICE nach Stuttgart um 21.50 Uhr ausgespuckt. Ich soll in Mannheim umsteigen und bin um 23 Uhr zu Hause, toll! Während ich auf Gleis 7 warte, fährt nebenan ein weiterer ICE ein. Abfahrt zwar etwas später (21.54 Uhr), aber dafür direkt nach Karlsruhe - ohne Umsteigen. Typisch, auf die Fahrplanauskunft der Deutschen Bahn kann man sich eben nicht verlassen. Alles muß man selber machen, tz, tz! Also, nichts wie rüber und in den schnelleren ICE einsteigen.

Während sich der Zug in Bewegung setzt, werfe ich einen Blick auf den Streckenverlauf. Pech gehabt: Es ist ein Bummel-ICE, der zwar direkt nach Karlsruhe fährt, aber zwischendurch praktisch überall hält, sogar in Weinheim. Ankunft: 23.22 Uhr. Der elende Fahrkartenautomat hatte recht.

Grrrrr.

Montag, 12. Februar 2007

Leonie Löwenherz

Gute Nachrichten fürs Ländle: Ab April bekommen wir Verstärkung aus Hannover. Leonie hat sich von einem bekannten Herrenausstatter aus Metzingen wegschnappen lassen und wird ab April Schwäbin. Tja, liebe Niedersachsen - 1:0 für Baden-Württemberg!

Der Sommer wird lustig. Ich nehme schon mal Löwenbändiger-Unterricht.

Milonga

Wenn man nicht weiß, was eine "Milonga" ist, gibt es zwei Möglichkeiten. Die langweilige: Man schaue in der Wikipedia nach. Die aufregende: Man lasse sich zu einer einladen. Und so marschiere ich vorschriftsmäßig verkleidet zur Faschingsveranstaltung von Karlsruhes Tangoqueen Bettina. Die Gäste teilen sich erwartungsgemäß in zwei Gruppen: elegant gekleidete Damen mit viel Federschmuck und - Gangster aus den 20er Jahren. Ich zähle zur zweiten Gruppe, weiß aber nicht, wieviel Angst und Schrecken ich mit meinem Outfit verbreite.

Bettina kredenzt wie immer ausgezeichneten Wein, und wie immer bei Tangoveranstaltungen ist mir überhaupt nicht klar, in welchem Zusammenhang zur Musik die Tanzschritte stehen. Damit stoße ich bei den anwesenden Tangonauten natürlich auf größtes Unverständnis, das sei doch soooo einfach! Rhythmus pur!

Apropos Rhythmus: Die Musik kommt ganz modern von einem Notebook. TJ Andreas hat das gesamte Musikprogramm schon vor der Milonga sorgfältig zusammengestellt. Ach ja, "TJ" steht übrigens natürlich für "Tango-Jockey", für was denn sonst?

In den frühen Morgenstunden dann die Feststellung: ein gelungener Abend.

Pollinaise

Aus gewöhnlich gut unterrichteten Quellen ist mir bekannt, daß einige Notizn-Leser Kritiken klassischer Konzerte für die größte Scharlatanerie im deutschen Feuilleton halten. Die Schweiz ist - wie in allem - jedoch auch hier konsequenter, und so hat Martin Meyer für die NZZ einen Konzertbericht verfaßt, dessen Opazität für lange Zeit unerreicht bleiben wird.

Anlaß war übrigens ein Auftritt Maurizio Pollinis in der Zürcher Tonhalle.
Viel Vergnügen!

Sonntag, 11. Februar 2007

Schach dem Go

Schach gilt in der westlichen Öffentlichkeit noch immer als das königliche Spiel. Allerdings besteht das einzig wirkliche Königliche an Schach leider lediglich darin, daß eine Spielfigur zufälligerweise "König" heißt. Tatsächlich ist Schach aber eher ein bäuerliches Spiel, und zwar nicht nur wegen der Spielfigur, die auf dem Schachbrett am häufigsten vorkommt. Schach hat nämlich zwei große Schwachstellen: Zum einen braucht es einen Wust an verschiedenen Spielfiguren und Regeln, um auf seine Komplexität zu kommen - von königlicher Eleganz keine Spur. Und zum anderen hat die Spielstärke von Computern längst die der besten menschlichen Spieler überholt.

Es gibt eine ganze Reihe von Spielen, die ohne diese beiden Mankos auskommen, zum Beispiel Hex, TwixT oder Amazons. An der Spitze steht natürlich Go. Es kommt mit überraschend wenigen Regeln aus und weist trotzdem eine Spieltiefe auf, die unerreicht ist. Zudem hat es noch niemand geschafft, ein Computerprogramm zu entwickeln, das gegen starke Spieler auch nur den Hauch einer Chance hätte.

Allerdings ändert sich das gerade. Bislang lag die Schwierigkeit darin, daß man bei Go sehr viel mehr Zugmöglichkeiten hat als bei Schach. Wollte ein Computer die Siegchancen bei allen möglichen Zügen durchrechnen, würde er Methusalem und doch nicht fertig. Hier kommen die sogenannten Monte-Carlo-Algorithmen ins Spiel. Der neue Ansatz besteht darin, nicht systematisch alle Zugmöglichkeiten zu bearbeiten, sondern nur eine Art Zufallsauswahl. Je geschickter man diese "zufälligen" Züge auswählt, desto höher die Spielstärke.

Fällt mit leistungsstarkem Computer-Go eine der letzten Bastionen der menschlichen Intelligenz? Die Frage wird heiß diskutiert, und man kann zwei Meinungsfraktionen ausmachen. Die einen finden, Computer-Go würde die menschliche Intuition abwerten. Die anderen sagen, auch Computer-Go sei ja eine menschliche Erfindung - und darum ein brillanter Beweis der Leistungsfähigkeit unseres Gehirns. Ich neige eher der ersten Gruppe zu, aber es gibt gute Argumente für beide Seiten.

Samstag, 10. Februar 2007

Samstagscollage

In der Kaiserstraße steht ein etwa zehnjähriger Straßenmusikant, dem man anmerkt, daß er seit gut und gern zwei Monaten Trompetenunterricht nimmt, immerhin! Der junge Mann ist offenbar höchst ambitioniert, denn für seinen Auftritt hat er sich ausgerechnet das große Thema aus Beethovens Neunter ausgesucht. Think big! Und so umschlingt er dann vor einer Imbißbude musikalisch die Millionen, unser Sohn Elysiums. Alle Hörer werden Brüder! Den Passanten läuft ein Schauer über den Rücken, einigen wahrscheinlich sogar aus Ergriffenheit.

Wenige Meter weiter herrscht Karnevalsstimmung. Auf einer Bühne hopsen etwa zehn Leute in orangefarbenen Indianerkostümen umher. Warum, kann niemand so recht sagen. Leider werden sie dabei auch noch von einem schwer erträglichen Schlager begleitet. Doch plötzlich ändert sich die Stimmung: Unter den Anfangstakten von Strauß' Also sprach Zarathustra schreitet eine Faschingskompanie aus Rintheim(!) auf die Bühne. Im Fernsehjournalismus nennt man sowas Ton-Bild-Schere, fällt jemandem eine passende Begriffsadaption ein?

Bei meiner Flucht läuft mir dann ausgerechnet der einzige Karlsruher in die Arme, der das ganze Jahr über närrisches Treiben pflegt.

O2 can't do

Milton Friedman war nicht der erste, der auf die enge Verbindung von Freiheit und Kapitalismus hingewiesen hat. Sie lag ihm allerdings so sehr am Herzen, daß er kurzerhand sein berühmtes Buch danach benannte. Heute ist unbestritten, daß unser Wohlstand auf unternehmerischer Freiheit beruht.

Diese wird allerdings von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich interpretiert. So nehmen zwar manche Firmen gern Bestellungen potentieller Kunden an, liefern aber einfach nicht, zu spät oder völlig andere Dinge, als bestellt worden sind. In Anlehnung an ein schönes englisches Verb kann man diese Unternehmensstrategie gern "Obfuskatismus" nennen.

Einen gänzlich anderen Weg jedoch geht der Mobilfunkanbieter O2. Anfang Januar hatte ich mich vorsichtig und ganz unverbindlich per E-Mail erkundigt, bis wann ich denn kündigen müsse, um die vertraglich vereinbarte Frist einzuhalten. Heute, also nur wenige Wochen später, erhalte ich überraschend Post aus Nürnberg: nämlich bereits die Bestätigung meiner Kündigung.

Ahnen, was der Kunde wirklich will, ihm wichtige Entscheidungen kurzerhand abnehmen, die hohle Marketingfloskel "Convenience" endlich mit Leben füllen - dieser antizipativen Strategie gehört die Zukunft.

Freitag, 9. Februar 2007

Kriminell

Der Spiegel hat mal wieder statistischen Schrott veröffentlicht. Statistik-Hasardeure haben ganze 600 Berliner befragt und daraus eine Art Stadtkarte der Kriminalität gebastelt. Gibt es dort überhaupt noch einen Redakteur, der die eingehenden Meldungen prüft?

Narrhaftes

Bettinas Faschingsparty rückt näher - und damit auch die strengen Teilnahmebedingungen. Alle Gäste sollen sich wie in den 20ern verkleiden, ganz unabängig davon, ob sie in den 30ern, 40ern oder sogar jenseits davon sind.

Geli und ich grübeln bei einer Suppe darüber nach, wie wir unseren Kopf am besten aus der Schlinge ziehen. Gerade bei kreativen Aktionen hat Fehlervermeidung höchste Priorität, und so rät man mir zu einem klassischen Gangsterauftritt: Hier ein Bowler, dort eine Fliege - und schon sei man ein anderer Mensch.

Und tatsächlich! Die Maskerade gelingt nahezu perfekt. Von Al Capone bin ich praktisch nicht zu unterscheiden, jedenfalls nicht bei entsprechend starkem Gegenlicht. Morgen dann die Feuerprobe: Wenn ich auf dem Weg zur Party von der Polizei festgenommen werde, kann die Verkleidung auch amtlich als gelungen gelten.

Geli setzt zunächst auf ein lustiges Accessoire mit vielen Federn, das sich jeglicher Definition entzieht, entscheidet sich letztlich aber für eine Badekappe, also das exakte Gegenteil. Und sie hat ja recht: Die 20er Jahre waren immer eine Zeit des Anything-goes. Gerade bei Kopfbedeckungen war ja schon wenige Jahre später erheblich weniger Vielfalt gefragt.

Auf dem Heimweg trottet mir plötzlich Baschar al-Assad entgegen - oder ist es bloß ein Doppelgänger? In diesen närrischen Zeiten ist nichts mehr sicher, nicht einmal mehr die Ungewißheit.

Donnerstag, 8. Februar 2007

Skatologisch

In einer scharfen Verurteilung unseres ehemaligen Außenministers stoße ich auf einen bemerkenswerten Begriff: skatologisch. Ob man dieses Wort jemals im Alltag anwenden kann? Wenigstens ist mir nun klar, was mir an Skat schon immer mißfallen hat ...

Freud und Leid

Das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation in Stuttgart kündigt im Netz eine bemerkenswert triviale Tagung an: Effizienter kommunizieren durch Online-Meetings. Erschreckend, auf welches Niveau sich die FhG inzwischen herabläßt! Das muß ich natürlich gleich anderen Spöttern mitteilen - zusammen mit einer kleinen Notiz: "Dieses Tagungsangebot könnte 1:1 auch von meiner Provinzunternehmens- beratung kommen".

Gemeint war aber natürlich "einer", nicht "meiner". He, nur ein klitzekleiner Tippfeler! Hat mit dem alten Freud ganz bestimmt nichts zu tun. Ehrenwort!

Mittwoch, 7. Februar 2007

Virenscanner wanted

Kann mir mal jemand verraten, welcher Sinn hinter der Existenz von Erkältungsviren steckt? Man hat tagelang Kopfschmerzen und eine triefende Nase, doch am Ende verlieren die Viecher den Kampf sowieso. Man könnte ihnen ja verzeihen, daß sie kein Gehirn haben - aber sie sind noch nicht einmal richtige Lebewesen! Reichlich unnötig, das Ganze, finde ich. Aber auf mich hört ja wieder mal keiner ...

Dienstag, 6. Februar 2007

Fakten! Fakten. Fakten?

Wer erfahren möchte, wie und warum Weingenuß mit dem Qualia-Problem zusammenhängt, lese diesen vergnüglichen Artikel von Colin Bower.

Montag, 5. Februar 2007

Roger'n'Roll

In meinem Posteingang finde ich eine Drängelmail aus Brusl. Danni möchte wissen, wo denn mein Bericht über Rogers Geburtstagsparty bleibe? Ihre Frage bestätigt eine Vermutung, die ich bereits während der Feierlichkeiten hegte. Möglicherweise war sie so sehr mit dem Genuß alkoholhaltiger Getränke beschäftigt, daß die zentralen Geschehnisse der Party spurlos an ihr vorübergegangen sind? Und sie nun von mir aus erster Hand erfahren möchte, wie es war? Es existieren jedenfalls Beweisfotos mit einer entrückt wirkenden Danni, soviel steht fest!

Wir anderen verhalten uns allerdings ganz normal und genießen Speis & Trank. Roger hat ein ganzes Arsenal an edlen Tropfen aufgefahren, ist aber lediglich mit einem Barolo vollends zufrieden - der Herr gehört bekanntlich zu den strengsten Weinkritikern weit und breit. Ich hatte ihm ein Fläschchen der aufregendsten Weinentdeckung der letzten Monate mitgebracht und bin erleichtert, als ich seinen Kommentar erfahre: "eigenwilliger Charakter, ungewöhnlich, aber sehr interessant". Puh!

Während des gesamten Abends macht Katharina Fotos von mir, was mir zunächst sehr schmeichelt. Später erfahre ich, was dahintersteckt. Normalerweise fotografiere sie überwiegend Hunde, und ich sehe heute aus wie einer. Ob ich mal Pfötchen geben könne?

Sic transit ...

Stephan Remmler erhält für seine Verdienste um die deutsche Sprache im Ausland den Internationalen Musikpreis. A-ha. Wer nun glaubt, dies sei ein Skandal, sei an Udo Lindenberg erinnert. Der hat vor ja kurzem die Carl-Zuckmayer-Medaille bekommen, ebenfalls als Anerkennung für sein sprachpflegerisches Werk.

Sonntag, 4. Februar 2007

Einheit von Wort und Tat

Die Karlsruher Filiale des Ofenbauers KAGO wirbt damit, daß Öfen wirtschaftlicher als Heizungen seien. Und so klebt auf dem Schaufenster ein flotter Reim der hauseigenen Werbeabteilung: "Öl und Gas sind teuer. Darum jetzt ein KAGO-Feuer".

Die Argumentation wäre überzeugend, wenn ... ja wenn mich da nicht irgendwas im Laden stören würde. Bei genauerem Hinsehen fällt es mir auf: An der Wand steht gut getarnt, aber ganz unzweifelhaft - ein Heizkörper.

Kongruenz ist auch nicht mehr das, was sie mal war.

Samstag, 3. Februar 2007

Total belammert

Bundestagspräsident Norbert Lammert gibt sich im Interview auf Spiegel online pragmatisch: Bundestagsabgeordnete würden nicht als Solisten, sondern als Repräsentanten einer politischen Partei in den Bundestag gewählt. Manchmal sei Fraktionszwang also durchaus ein angemessenes Mittel der politischen Willensbildung.

Mal schauen, was das Grundgesetz in Artikel 38 zu dem Thema sagt: "Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages ... sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen".

Mit anderen Worten: Bundestagsabgeordnete sind (natürlich) Solisten und können tun und lassen, was sie wollen. Bundestagspräsidenten offenbar leider auch. Wann kommt endlich der Politikerführerschein?

Das gute Gefühl, gebraucht zu werden

Die Werbung ist wie ein Zeittunnel in längst vergangene Epochen. Nur wenige wissen, daß sich in ihr einige der Traditionen bewahrt haben, die Europa im 19. Jahrhundert zum mächtigsten Kontinent auf dem Globus machten. Denn auch heute noch setzt die Werbung auf die Grundpfeiler erfolgreichen Wirtschaftens: die 6- oder 7-Tage-Woche, kurzfristig anberaumte Nachtschichten oder Wochenendarbeit.

Was tut man also, wenn man einen Werbe-Freelancer in die Verzweiflung stürzen möchte? Man schmettert ihm ein wütendes "You're hired!" entgegen.

Freitag, 2. Februar 2007

Regelgerechte Improvisation

Nach längerer Pause bekommt der Jazzclub mal wieder Besuch von Thomas Rückert. Diesmal hat er allerdings nicht sein übliches Trio mitgebracht, sondern frisches Blut: Robert Landfermann am Baß und Jonas Burgwinkel am Schlagzeug.

Das Problem eines jeden Jazztrios ist ja, daß die Möglichkeiten zur Profilierung begrenzt sind. Wenn man nicht gerade Esbjörn Svensson heißt, besteht immer die Gefahr, daß man so klingt wie praktisch jedes andere Jazztrio auch. Und genau so wird dann auch der Abend: nett, aber nicht unbedingt eindrucksvoll.

Vor dem Konzert gibt es noch eine schöne pädagogische Miniatur. Torsten hat seine kleine Tochter mitgebracht. Wenn sie jetzt nicht endlich ruhig sei, müßten sie demnächst nach Hause gehen! - droht Torsten. Ob sie nicht sofort gehen könnten, ihr sei langweilig - antwortet das Töchterlein.

Donnerstag, 1. Februar 2007

Das sehr kleine 1&1

Nur knapp 4 Wochen nach meinem DSL-Waterloo erhalten ich einen überraschenden Anruf des 1&1-Störungsteams, sozusagen der Müllabfuhr des DSL-Wesens. Man möchte wissen, wie es denn jetzt so sei, nachdem ja alle Störungen beseitigt seien. Ich antworte wahrheitsgemäß, daß ich es ganz toll fände, daß ich wenigstens wieder Netzanschluß hätte, bin aber einigermaßen perplex. Ein unaufgeforderter Anruf eines sachkundigen 1&1-Mitarbeiters, gibt es so etwas überhaupt? Gerade noch rechtzeitig fasse ich mich wieder und stelle die eine entscheidende Frage: warum denn mein angeblich störungsfreier 3DSL-Anschluß nur 6-7 Prozent der versprochenen Leistung habe?

Das Schicksal entscheidet sich manchmal an Fragen, so auch hier. Der Mitarbeiter ist offenbar in allen 1&1-Techniken geschult und wendet sofort Gesprächstaktik 17a an: Mein Probleme liege nicht an 1&1, sondern an Windows XP. Er könne an der Situation nun nichts mehr ändern, tschüß.